
Rund 1,8 Millionen Menschen leben in Deutschland mit einer demenziellen Erkrankung. Eine Garantie, diese gänzlich verhindern zu können, existiert nicht – dank verschiedener Präventionsmaßnahmen ist es aber möglich, das persönliche Risiko für eine Demenz zu reduzieren. Ob ein gesunder Lebensstil, sportliche Aktivitäten oder das Trainieren der geistigen Fähigkeiten: Es ist nie zu spät!
Eine gewisse Vergesslichkeit im Alltag kennt jeder: Da werden Autoschlüssel verlegt, Termine versäumt oder es entfällt der Name eines Bekannten. Situationen wie diese stellen noch keinen Grund zur Besorgnis dar; erst wenn sich Störungen des Kurzzeitgedächtnisses häufen, über einen längeren Zeitraum auftreten und in Kombination mit Konzentrations- und Orientierungsschwierigkeiten erscheinen, sollte der Weg zum Arzt führen. Dieser kann feststellen, ob tatsächlich erste Anzeichen für eine Demenz vorliegen – denn auch Stress, Burn-out, seelische Belastungen oder eine Umstellung des Hormonhaushalts begünstigen mitunter die genannten Symptome. Die häufigste Form einer Demenz stellt hierzulande die Alzheimer-Krankheit dar; durchschnittlich treten jeden Tag 900 Neuerkrankungen auf. Da heutzutage aufgrund demografischer Veränderungen mehr Neuerkrankungen als Sterbefälle zu verzeichnen sind, steigt die Zahl der Demenzfälle kontinuierlich.
Heilbar ist die neurodegenerative Erkrankung bislang nicht, doch ein gesunder Lebensstil kann das Demenz-Risiko deutlich verringern. Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG, vormals Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) und die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) haben im Frühjahr 2025 das gemeinsame Informationsangebot „Geistig fit bleiben – mit 10 Maßnahmen Demenz vorbeugen“ auf den Weg gebracht (siehe Infokasten). Dieses richtet sich unter anderem an lokale Alzheimer-Gesellschaften, Selbsthilfegruppen, Pflegestützpunkte und Seniorenbüros: Das Aufklärungsangebot soll die positiven Aspekte eines gesundheitsbewussten und aktiven Lebens auf das Demenz-Risiko unterstreichen. Dr. Johannes Nießen, Kommissarischer Leiter des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit, erklärt dazu: „Wir kennen 14 Risikofaktoren für Demenz – darunter Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Schwerhörigkeit, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Unser neues Informationsangebot hilft Fachkräften dabei, entsprechende Aufklärungsveranstaltungen anzubieten.“ Darüber hinaus unterstütze das BIÖG laut Nießen die Bürgerinnen und Bürger mit einem Rauch-Ausstiegsprogramm, der Kampagne „Alkohol? Kenn dein Limit.“ oder mit Online-Bewegungsangeboten für Ältere, um ein gesünderes Leben zu führen und damit ihr Demenz-Risiko zu mindern.
10 Maßnahmen: Geistig fit bleiben – Demenz vorbeugen
- Beziehungen pflegen
- Neugierig bleiben
- Pausen einlegen und für Entspannung sorgen
- Auf guten und erholsamen Schlaf achten
- Ein Hörgerät und eine Sehhilfe nutzen, wenn notwendig
- Sich aktiv bewegen: Sport treiben, Spazieren gehen, Schwimmen …
- Sich ausgewogen ernähren und Übergewicht vermeiden
- Mäßig Alkohol trinken und mit dem Rauchen aufhören
- Den Kopf schützen
- Grunderkrankungen behandeln lassen
Positive Effekte eines gesunden Lebensstils

Tatsächlich belegen Studien, dass bis zu 45 Prozent aller Demenzen mittels gezielter Vorbeugung vermieden oder zumindest hinausgezögert werden könnten. Neben den genannten Risiken spielen dabei auch genetische Faktoren, Umwelteinflüsse und letztlich ein hohes Alter eine Rolle. Auch aufgrund von Schwerhörigkeit und durch den Verlust der Sehkraft steigt das Risiko, an einem demenziellen Leiden zu erkranken. Hinzu kommen Schädel-Hirn-Verletzungen, bedingt etwa durch Unfälle oder Gehirnerschütterungen, weshalb es sich jederzeit empfiehlt, beim Radfahren oder Skaten einen Helm zu tragen. Saskia Weiß, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, verdeutlicht mit Blick auf das Informationsangebot „Geistig fit bleiben – mit 10 Maßnahmen Demenz vorbeugen“: „Demenz-Prävention ist für uns ein sehr wichtiges Thema, und wir haben in einer Pilotphase des Projekts bereits feststellen können, dass es auch die Menschen vor Ort sehr interessiert. Wir sind sicher, dass wir mit diesem Format viele Menschen erreichen und für die positiven Effekte eines gesunden Lebensstils sensibilisieren können.“ Mit dem Angebot möchte man auch Mitarbeitende von Lokalen Allianzen für Menschen mit Demenz, Seniorenzentren und Apotheken erreichen. Saskia Weiß: „Qualifizierte Multiplikatorinnen und Multiplikatoren erhalten von uns den 90-minütigen Vortrag ‚Geistig fit bleiben – mit 10 Maßnahmen Demenz vorbeugen‘ in Form einer PowerPoint-Präsentation sowie ein begleitendes Manual mit Sprechtexten, Hinweisen zur Durchführung und Textbausteinen zur Bewerbung der Veranstaltung. Wir hoffen, dass viele davon Gebrauch machen.“
Wirkung von Musik und Gesang

Auch musiktherapeutische Ansätze tragen zur Demenzprävention bei: Einer aktuellen Studie¹ zufolge kann das Spielen eines Instruments kognitive Alterungsprozesse hinauszögern und das Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz vermindern. So verweist die Deutsche Hirnstiftung darauf, dass das Musizieren mit deutlich besseren Gedächtnisleistungen verbunden ist. Auch Gesang sei signifikant positiv mit exekutiven Funktionen assoziiert. Für bloßes Musikhören hingegen fanden sich keinerlei Vorteile hinsichtlich der Demenzprävention – andere Studien legten hier jedoch einen positiven Effekt auf verschiedene Symptome (z. B. Unruhe bei Demenz) nahe. Die Deutsche Hirnstiftung pocht darauf, dass die Demenzprävention noch weiter an Bedeutung gewinnen müsse: „Möglicherweise könnte die aktuelle Studie bald dazu führen, dass auch das Musizieren bzw. Spielen eines Instrumentes in die Liste der Maßnahmen zur Demenzprävention aufgenommen wird.“
Der biologische Zusammenhang zwischen der aktiven Beschäftigung mit Musik und dem Demenzrisiko wird von den Forschenden vor allem in der intellektuellen Herausforderung gesehen – ähnlich anderen Lebensstilfaktoren und Freizeitaktivitäten, die das Gehirn aktiv halten. Die Deutsche Hirnstiftung betont: „Beim Musizieren koordiniert das Gehirn kognitive, emotionale und motorische Abläufe. Körperliche und geistige Aktivität spielen insgesamt eine Schlüsselrolle bei der Gesundheitsprävention, gerade auch gegen Demenz, denn sie fördern lebenslang den Aufbau der kognitiven Reserve, stimulieren die Gehirnplastizität und Gehirnnetzwerke, verbessern exekutive Funktionen sowie das Gedächtnis.“ Auch würden solcherlei Aktivitäten das menschliche Gehirn widerstandsfähiger gegen kognitive Beeinträchtigungen und den Abbau im Alter machen. Und letztlich fördere das Musizieren in Gruppen auch Sozialkontakte.
Wie für das Erlernen oder Wiederaufnehmen eines früher gespielten Instrumentes gilt für die Demenzprävention ganz allgemein: Es ist nie zu spät! Viele Maßnahmen können sich im mittleren und auch höheren Alter positiv auf die Gesundheit auswirken. Da das Gehirn noch bis ins hohe Alter die Fähigkeit besitzt, sich zu verändern und neue Verbindungen zu bilden, lassen sich kognitive Fähigkeiten durch gezielte Übungen und Stimulationen fortlaufend verbessern. Während regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung das Herz-Kreislauf-System stärken, halten soziale Verbindungen und geistige Herausforderungen das Gehirn aktiv. Kontaktadressen für Selbsthilfegruppen, Beratungsstellen oder Gedächtnissprechstunden hält die Deutsche Alzheimer Gesellschaft unter deutsche-alzheimer.de oder am Alzheimer-Telefon unter 030 259 37 95 14 bereit.
deutsche-alzheimer.de
bioeg.de
hirnstiftung.org
¹ Vetere G, Williams G, Ballard C, Creese B, Hampshire A, Palmer A, Pickering E, Richards M, Brooker H, Corbett A. The relationship between playing musical instruments and cognitive trajectories: Analysis from a UK ageing cohort. Int J Geriatr Psychiatry. 2024 Feb;39(2):e6061. doi: 10.1002/gps.6061. PMID: 38281509.