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Stehendes, weißes Paragraphenzeichen vor grauer Betonwand

Arbeitsaufteilung von Gesellschaftern einer Gemeinschaftspraxis kann zu einem Gewerbebetrieb führen

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Portratitfoto des Artikel-Autors Tobias Kraft
Von TOBIAS KRAFT (Rechtsanwalt, Rechtsabteilung PVS holding)
5 Min.Lesezeit

Eine Gemeinschaftspraxis von Zahnärzten ist insgesamt als Gewerbebetrieb einzustufen (und damit gewerbesteuerpflichtig), wenn einer der Gesellschafter bzw. Mitunternehmer für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig ist und nur noch in sehr geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen am Patienten erbringt. Das hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 16. September 2021 (Az. 4 K 1270/19) entschieden.

Die Ausgangslage

In der klagenden Partnerschaftsgesellschaft hatten sich sieben approbierte Zahnärzte zur gemeinsamen Ausübung der zahnärztlichen Behandlung von Privat- und Kassenpatienten zusammengeschlossen. Ein Seniorpartner, der für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis und damit nach eigenem Bekunden für „alles außerhalb der Mundhöhle“ zuständig war, trug mit ärztlichen Tätigkeiten lediglich 0,028 % zum Umsatzerlös in dem überprüften Geschäftsjahr bei. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass dies keine freiberufliche Tätigkeit darstelle und deshalb sämtliche Einkünfte der Gemeinschaftspraxis nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu sehen seien. In einer freiberuflichen Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft müsse jeder Gesellschafter die Merkmale selbständiger Arbeit in eigener Person erfüllen. Ein Einspruch der Gemeinschaftspraxis gegen den Bescheid des Finanzamts blieb erfolglos, sodass sie dagegen klagte – auch dies ohne Erfolg.

Freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit?

Im Fokus stand die Frage, ob die Gesellschaft Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus einem Gewerbebetrieb erzielt hat. Das Finanzgericht grenzte daher zwischen freiberuflicher (selbständiger) und gewerblicher Tätigkeit ab. Die selbständigen Berufstätigkeiten der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte sieht das Einkommenssteuergesetz als freiberufliche Verrichtungen, die grundsätzlich nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Der Senat ist der Ansicht, dass eine Gesellschaft nur Tätigkeiten entfalte, die als freiberufliche Betätigungen anzusehen seien, wenn sämtliche Mitunternehmer die Merkmale des freien Berufs erfüllten. Es genüge nicht, dass die Mitunternehmer die persönliche Berufsqualifikation aufwiesen, sondern sie müssten die entsprechenden ärztlichen Tätigkeiten auch selbst ausüben. Zwar könnten sich die Gesellschafter der Mithilfe fachlich gebildeter Arbeitskräfte bedienen, jedoch müssten sie an der das Berufsbild des Zahnarztes kennzeichnenden Arbeit in ausreichendem Umfang teilnehmen.

Ein Gesellschafter nicht freiberuflich tätig

Zur Ausübung der ärztlichen Heilkunde gehören laut Gericht Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden am Menschen einschließlich der Prophylaxe. Die alleinige Wahrnehmung bloß kaufmännischer Leitungs- und sonstiger Managementaufgaben führe zur Gewerblichkeit. Ein Arzt schulde eine höchstpersönliche und individuelle Arbeitsleistung am Patienten und müsse deshalb einen wesentlichen Teil der ärztlichen Leistungen selbst erbringen. Eine gewisse Arbeitsteilung bzw. Teamarbeit sei zwar unschädlich; so könne der Arzt z.B. in Routinefällen die Voruntersuchungen bei den Patienten durchführen, die Behandlungsmethode festlegen und sich die Behandlung problematischer Fälle vorbehalten bzw. die Erbringung der eigentlichen ärztlichen Behandlungsleistung an angestellte Ärzte delegieren. Erforderlich sei aber, dass sich jeder Gesellschafter kraft seiner persönlichen Berufsqualifikation an der Teamarbeit im arzttypischen Heilbereich beteilige. Da einer der Gesellschafter nahezu nur kaufmännische Leitungs- oder sonstige Managementaufgaben übernommen und keine ärztliche Tätigkeiten am Behandlungsstuhl erbracht habe, werde dieser nicht freiberuflich, sondern gewerblich tätig.

„Infektion“ der ganzen Gesellschaft als gewerblich

Aus der Bewertung der Tätigkeiten eines von sieben Mitunternehmern als nichtfreiberuflich folgert das Gericht, dass damit die gesamte Partnerschaftsgesellschaft gewerbliche Einkünfte erziele, die der Gewerbesteuer unterliegen. Auch wenn nur ein Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft als gewerblich tätig anzusehen sei, so färbe dies auf die Gesellschaft in toto ab. Der gewerblich zu wertende Mitunternehmer „infiziere“ gewissermaßen die Einkünfte der Gesellschaft insgesamt als gewerblich.

Fazit

Auch wenn eine Partnerschaftsgesellschaft nach gesetzlicher Definition kein Handelsgewerbe betreibt, sondern nur Angehörigen freier Berufe offensteht, ist die konkrete Art der Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit insbesondere im steuerrechtlichen Kontext gerichtlich überprüfbar. In dem Fall ging es zwar um eine zahnärztliche Partnerschaftsgesellschaft, allerdings dürfte das Urteil auf andere Gesellschaftsformen sowie auf andere freiberuflich tätige und zusammenveranlagte Personenzusammenschlüsse, z.B. von Ärzten, Tierärzten und Rechtsanwälten, übertragbar sein. Ausschlaggebend für die Entscheidung war schließlich keine zahnmedizinische Besonderheit, sondern eine durchaus verallgemeinerungsfähige steuerrechtliche Bewertung. Daher gilt: Eine ausschließliche Konzentration von administrativen, repräsentativen oder sonstigen nicht dem Bild des Freiberuflers entsprechenden Tätigkeiten auf einen Gesellschafter birgt die Gefahr einer gewerblichen „Infektion“ der Gesellschaft. Gegen das Urteil legte die Partnerschaftsgesellschaft Revision ein, die das Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der verhandelten Rechtsfrage zugelassen hatte. Da die Rechtsmittelinstanz noch läuft, ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Wir werden Sie über den Ausgang des Revisionsverfahrens informieren.

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