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Steuertipp: Botoxbehandlung

Der Schönheitschirurg im Fokus des Fiskus

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Portratitfoto des Artikel-Autors Christoph Röger
Von CHRISTOPH RÖGER (Steuerberater)
5 Min.Lesezeit

Die steuerlichen Probleme eines Schönheitschirurgen (Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie) liegen in der Umsatzsteuer begründet. Grundsätzlich sind ärztliche Leistungen nach § 4 Nr. 14a UStG umsatzsteuerfrei. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweilige Leistung ein Therapeutisches Ziel zum Gegenstand hat, sprich medizinisch/ärztlich indiziert ist.

Für die Umsatzsteuerfreiheit von Schönheitsoperationen reicht es somit nicht aus, dass die Operationen nur von einem Arzt ausgeführt werden können, vielmehr müssen sie der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Lediglich medizinisch indizierte, d. h. zur Behandlung/Heilung einer Krankheit oder Gesundheitsstörung gebotene, insbesondere also nicht aus rein oder ganz überwiegend ästhetischen Gründen vorgenommene ärztliche Leistungen führen zur Umsatzsteuerfreiheit.

Damit sind ästhetisch-plastische Operationen umsatzsteuerpflichtig.  Ziel ästhetisch-plastischer Operationen ist eine Harmonisierung der äußeren Erscheinung. Die Korrektur abstehender Ohren, zu großer Brüste oder tiefer Falten steht im Vordergrund. Die Kosten einer ästhetisch-plastischen Operation werden in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen. An möglichen Folgekosten im Falle medizinischer Komplikationen kann die Krankenversicherung den Patienten finanziell beteiligen. Auch die ärztlichen Leistungen des die Operation begleitenden Anästhesisten sind in diesen Fällen umsatzsteuerpflichtig, denn der eigentliche Grund der Operation ist nicht medizinisch/ärztlich indiziert.

Sind ästhetisch-plastische Operationen auf Grund eines psychischen Leidens notwendig, erfordert dies eine weitergehende Prüfung. Das Bundessozialgericht (BSG) verneint in seiner Rechtsprechung einen Anspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahmen nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden. Damit wertet sie Operationen am krankenversicherungsrechtlich betrachtet gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen sollen, nicht als Behandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 SGB V und weist derartige Maßnahmen der Eigenverantwortung des Versicherten zu. Selbst, wenn ein Versicherter hochgradig akute Suizidgefahr geltend macht, kann er regelmäßig lediglich eine spezifische Behandlung etwa mit den Mitteln der Psychiatrie beanspruchen, nicht aber Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs der GKV.

Die Rechtsprechung des BSG beruht in der Sache vor allem auf den Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürfen (BSG, Urteil vom 28. Februar 2008, B 1 KR 19/07 R). In einem weiteren Urteil vom 8. März 2016 (B 1 KR 35/15 R) hat das BSG ausdrücklich an dieser Rechtsauffassung festgehalten. Das BSG hat allerdings auch ausgeführt, dass diese Grundsätze nur so lange gelten, wie medizinische Kenntnisse zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit begründen (Urteil des BSG vom 28. Februar 2008, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund ist die ästhetisch-plastische Operation in der Regel umsatzsteuerpflichtig.

Die rekonstruktive Chirurgie wird notwendig, wenn Form und Funktion des Körpers wiederhergestellt (rekonstruiert) werden müssen. In der Regel ist dies nach einem Unfall, einer Krebsoperation oder bei angeborenen Fehlbildungen der Fall. Plastisch-rekonstruktive Chirurgen korrigieren Haut und Weichteile, Muskeln, Sehnen und periphere Nerven sowie Knochen und Knorpel. Sie stellen Funktionen an den Gliedmaßen wieder her, ebenso wie die Mimik im Gesicht.

Die Verbrennungschirurgie befasst sich mit dem größten und empfindlichsten Organ des Menschen – der Haut. Wird sie verbrüht, verbrannt, verätzt, durch Strom oder Blitzschlag verletzt, beginnt ein schmerzhafter und langwieriger Heilungsprozess. Während eine leichte (erstgradige oder oberflächlich zweitgradige) Verbrennung von selbst verheilt, erfordern schwerere Verbrennungen (tief zweitgradig und drittgradig) plastisch-chirurgische Hilfe. Meist hat es der Verbrennungschirurg mit Notfällen zu tun. Neben der Wiederherstellung der Bewegungsfunktionen, etwa bei einer verbrannten und vernarbten Armbeuge/Ellenbeuge oder bei bewegungseingeschränkten Fingern oder Händen, kümmert sich die Verbrennungschirurgie auch um die ästhetische Behandlung. Entstellende Narben oder Brandmale werden dabei an sichtbaren, von der Kleidung nicht zu verbergenden Körperstellen beseitigt. Sowohl die rekonstruktive Chirurgie als auch die Verbrennungschirurgie stellen unstrittig Maßnahmen dar, die medizinisch/ärztlich indiziert sind. Sie sind daher umsatzsteuerbefreit.

Soweit die Leistung des Schönheitschirurgen umsatzsteuerpflichtig ist, kann er aus den dieser Leistung resultierenden Eingangsumsätzen und  der hier zu zahlenden Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug geltend machen und mit der abzuführenden Umsatzeuer gegenüber dem Finanzamt verrechnen. Soweit sogen. gemischte Eingangsumsätze (also Eingangsumsätze die sowohl für umsatzsteuerpflichtige also auch umsatzsteuerfreie Ausgangsumsätze verwendet werden) vorliegen,  kann ein Vorsteuerabzug im Verhältnis der Ausgangsumsätze umsatzsteuerpflichtig/umsatzsteuerfrei  geltend gemacht werden.

Zu geschlechtsangleichenden Operationen gibt es weder von der Finanzverwaltung noch von der Rechtsprechung eine Stellungnahme zur Frage der Umsatzsteuerpflicht. Erwachsene benötigen zwei Gutachten, die bestätigen, dass sie transsexuell sind, sowie eine Anzeige der Notwendigkeit einer Geschlechtsumwandlung von einem Arzt, der im Bereich der Transsexualität erfahren ist und mit dem Patienten schon längere Zeit zusammengearbeitet hat. Legt man die bisherigen Rahmenbedingungen zur Frage der Umsatzsteuerpflicht zu Grunde (medizinische/ärztliche Notwendigkeit) sollte jedoch einer Umsatzsteuerfreiheit nichts im Wege stehen.

In allen Fällen der ästhetisch-plastischem bzw. geschlechtsangleichenden Operationen, in denen eine Umsatzsteuerfreiheit begehrt wird, sollte eine ausführliche Dokumentation, die aus abrechnungstechnischen und haftungsrechtlichen Gründen ohnehin zu erfolgen hat, auch für Zwecke medizinischen/ärztlichen Notwendigkeit und deren Beweisführung erfolgen. Sie ist im Zweifelsfall im Rahmen einer steuerlichen Nachprüfung (selbstverständlich anonymisiert) vorzulegen.

christoph-roeger.com

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