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Gliederpuppe aus Holz hält Plastik eines stilisierten Darms, steht neben einem Haufen Arzneipillen vor hellblauem Hintergrund

Leben mit einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit

Durchfall, Gewichtsverlust und krampfhafte Schmerzen: Eine CED bringt viele Beeinträchtigungen mit sich. Foto: © Andrii Zastrozhnov - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Wer an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) leidet, weiß von vielen Alltagseinschränkungen und belastenden Begleiterscheinungen zu berichten. Durchfälle, Fieber, Schmerzen im Unterbauch und Gewichtsverlust – markante Symptome, die vor allem bei den zwei häufigsten CED-Formen, dem Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa, auftreten. Jeweils fünf Fragen und Antworten stellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Varianten heraus und räumen mit der allgemeinen Annahme auf, dass es sich dabei um Autoimmunerkrankungen handelt.

Morbus Crohn

Wie verläuft die Erkrankung?

Beim Morbus Crohn handelt es sich um eine chronisch entzündliche Darmkrankheit, die im Gegensatz zur Colitis ulcerosa jeden Abschnitt des Verdauungstrakts betreffen kann (vom Mund bis zum After). Die nach dem amerikanischen Arzt Burril B. Crohn benannte Erkrankung (dieser veröffentlichte erste wissenschaftliche Erkenntnisse) verläuft in Schüben und tritt am häufigsten im Bereich des „terminalen Ileums“ auf – dabei handelt es sich um den Übergang vom Dünndarm in den Dickdarm. Eine weitere Abgrenzung zur Colitis ulcerosa, bei der sich „lediglich“ die Darmschleimhaut oberflächlich entzündet: Auch tiefere Schichten der Darmwand werden von der Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen.

Wer ist betroffen?

In den häufigsten Fällen tritt der Morbus Crohn bereits in jungen Jahren auf, zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Doch auch bei älteren Patienten kann sich das Leiden grundsätzlich entfalten. Erwiesen ist, dass Umweltfaktoren wie etwa das Rauchen das Risiko einer Erkrankung begünstigen; als mittlerweile widerlegt gilt allerdings, dass die jeweilige Psyche Einfluss auf das Erkranken an Morbus Crohn nimmt. Jedoch macht sich bei vielen Patienten nach einer Diagnose eine seelische Belastung bemerkbar – nicht selten geht die CED mit einer Depression einher.

Welche Symptome und Beschwerden treten auf?

Zu den typischen Beschwerden bei einer Morbus Crohn-Erkrankung zählen Durchfälle, Bauchschmerzen, Fieber, Gewichtsverlust sowie – bei einer fortgeschrittenen Erkrankung – auch Darmverengungen, -verschlüsse und Fisteln. Die von den Patienten oftmals als krampfartig wahrgenommenen, teils heftigen Bauchschmerzen treten meist im rechten Unterbauch auf, da sich hier das häufig betroffene Ende des Dünndarms und der obere Abschnitt des Dickdarms befinden. Auch kann es zu Schmerzen am Knie- und Sprunggelenk sowie zu entzündlichen Hautveränderungen kommen. Diese Krankheitsbilder, die zwar im Zusammenhang mit einer CED stehen, jedoch nicht den Magen-Darm-Trakt betreffen, gelten als extraintestinale Manifestationen.

Wo liegen die Ursachen für die Erkrankung?

Wurde Morbus Crohn lange Zeit als klassische Autoimmunerkrankung angesehen, gilt diese Eingruppierung heute als widerlegt. Nicht zuletzt die Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) betont, dass der Erkrankung eher eine Darmbarrierestörung zugrunde liegt: „Auch wenn der genaue Ursachenmix aus Genetik und Umwelteinflüssen bei der Krankheitsentstehung noch nicht bekannt ist; als sicher gilt heute, dass ein »Barrieredefekt« mit ursächlich ist – eine Störung der Darmschleimhaut, die aufgrund eines Mangels an körpereigenen Antibiotika auftritt.“ Zur Diagnose bestimmt der Arzt unter anderem Entzündungsstoffe im Blut. Auch die Untersuchung des Bauchs per Ultraschall sowie eine Darmspiegelung kommen unter Umständen zum Einsatz.

Wie gestaltet sich die Therapie?

Im Falle einer nicht zu starken Entzündung im Dickdarm (Colitis Crohn) kommen Medikamente wie Sulfasalazin und Kortison zum Einsatz. Kortisonpräparate, die im ganzen Körper wirken, sind beim Auftreten von Morbus Crohn in Magen und Speiseröhre angezeigt. Eine „Heilung“ oder das Verhindern der Erkrankung ist bis heute leider nicht möglich. Aus diesem Grunde bildet die Ausdehnung beschwerdefreier Phasen das Hauptziel der Langzeitbehandlung ab. Im Falle häufig auftretender Schübe kommt eine Dauertherapie infrage. Dann können Medikamente, die eine Überreaktion des Immunsystems verhindern, hilfreich sein – etwa Azathioprin und 6-Mercaptopurin. Erst wenn eine medikamentöse Therapie nicht greift, muss gegebenenfalls der betroffene Darmabschnitt chirurgisch entfernt werden.  

Colitis ulcerosa

Wie verläuft die Erkrankung?

Auch bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um eine chronisch entzündliche Darmkrankheit. Wie der Morbus Crohn verläuft sie meist in Schüben – elementarer Unterschied ist, dass ausschließlich der Dickdarm (Kolon) betroffen ist. Dort verursacht die lang andauernde, oft lebensbegleitende Erkrankung Geschwüre (lat. ulcera) in der inneren Schleimhaut-Schicht. Beginnend im Mastdarm (Rektum) kann sich die Colitis ulcerosa von dort aus kontinuierlich ausbreiten. Am Anfang des Dickdarms oder auch am Übergang vom Dünn- zum Dickdarm endet diese Ausbreitung. Auch hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum Morbus Crohn.   

Wer ist betroffen?

Während nur wenige Risikofaktoren bekannt sind, ist festzustellen, dass Frauen und Männer gleichermaßen oft von dieser CED betroffen sind. Auch wenn die Colitis ulcerosa prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten kann, sind vor allem Patientinnen und Patienten zwischen 20 und 35 Jahren betroffen. Wurde früher vermutet, dass Stress und psychische Belastungen durchaus Auslöser sein können, gilt dies heute als widerlegt. Aber: Laut Wissenschaft wirkt sich Stress maßgeblich auf die Entwicklung eines akuten Krankheitsschubs aus. Auch sollten genetische Faktoren hinzugezogen werden, kommt die Erkrankung doch häufig innerhalb von Familien vor. Laut DCCV sind in Deutschland bis zu 168.000 Menschen von Colitis ulcerosa betroffen.

Welche Symptome und Beschwerden treten auf?

Neben häufigen Schmerzen im linken Unterbauch, einem ständigen Stuhlgang, Fieber und körperlicher Niedergeschlagenheit sind vor allem häufige, blutschleimige Durchfälle ein markantes Symptom. Trotz vermehrter Toilettengänge schildern Betroffene nicht selten ein Gefühl, als habe
sich der Darm dennoch nicht vollständig geleert. Hinsichtlich der Intensität der Beschwerden spielt es zudem eine Rolle, welcher Dickdarmabschnitt entzündet ist. Verspüren mehr als die Hälfte der Patienten eher milde Beeinträchtigungen, klagen andere wiederum über starke Schmerzen.     

Wo liegen die Ursachen für die Erkrankung?

Auch hinsichtlich der Colitis Ulcerosa weist die Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung darauf hin, dass es sich – entgegen der allgemeinen Annahme – nicht um ein autoimmunbedingtes Leiden handelt. Vielmehr sei hier ebenfalls eine Barrierestörung des Darms zu nennen. Die Experten stützen sich dabei auch auf Untersuchungen am Heidelberger Universitätsklinikum: „Die Konzentration von Phosphatidylcholin, welches den Schleim an die Schleimhaut bindet und somit zur Entstehung einer Schleimbarriere beiträgt, war bei Colitis ulcerosa deutlich niedriger als bei Gesunden und Morbus-Crohn-Patienten. Die Forscher nehmen daher an, dass der Mangel an Phosphatidylcholin ursächlich an der Entstehung der Colitis ulcerosa beteiligt ist.“ Aufgrund einer verminderten „Fettschutzschicht“ können die wässrigen Bestandteile aus dem Darminhalt inklusive darin enthaltener Bakterien, Fremdkörper und Giftstoffe in direkten Kontakt zur Darmwand treten. „Das führt zur Reaktionen des Immunsystems und es kommt zur Entzündung“, so die DCCV.

Wie gestaltet sich die Therapie?

Auch wenn die Überlegung, ob die Ernährung den Krankheitsverlauf beeinflussen kann, nahe liegt, existieren dazu bislang keine wissenschaftlichen Belege. Je nach Schwere eines akuten Schubs kommen zur Behandlung entzündungshemmende Mittel zum Einsatz. Wie beim Morbus Crohn gilt: Eine Heilung oder Prävention ist bis heute nicht möglich. Ziel ist es daher auch hier, mittels einer Erhaltungstherapie die beschwerdefreie Phase zu verlängern. In manch schwerem Fall kann eine Operation (Öffnung von Darmverengungen bis hin zur Entfernung von Darmteilen) letztlich für mehr Lebensqualität sorgen. Dennoch ergeben sich für die betroffene Person im Anschluss Alltagseinschränkungen.•

Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung:
dccv.de

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Ausgabe: 01/2021

Titelthema – Autoimmunerkrankungen