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Tiny House im Wald

Kleines Wohnen mit großen Vorteilen

Klein, aber absolut fein: Urlaube in Tiny Houses werden immer beliebter. Foto: © Robert Kneschke - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Es sind oftmals naturnahe Unterkünfte, die auf einer begrenzten Wohnfläche alles bieten, was es zum Leben braucht: Tiny Houses stehen bei deutschen Touristen hoch im Kurs, bieten sie doch das etwas andere Urlaubserlebnis, abseits konventioneller Pauschalreisen. Und die innovativen Mikro-Häuser können noch mehr – Experten erkennen in ihnen das Potenzial, dank bezahlbarer Mieten den Wohnungsmarkt beflügeln zu können.

In der Regel sind sie 20 bis 55 Quadratmeter groß, bis zu 3,5 Tonnen schwer und ausgerichtet als vollwertiges Wohngebäude: Tiny Houses sind kleine, kompakte Häuser, die – entweder auf Rädern oder mit Fundament – ihren Bewohnern mit Küche, Bad, WC und Schlafplatz mehr Komfort bieten, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Ein Großteil dieser Mikro-Gebäude kommt eingeschossig mit einer maximalen Höhe von vier Metern daher; zweigeschossige Tiny Houses können bis zu fünf Meter hoch sein. Mit einer qualitativen Wärmedämmung sind die Unterkünfte ganzjährig nutzbar: Fürs Heizen kommen etwa Gas- oder Infrarotheizungen zum Einsatz, und wer es romantisch mag, setzt auf einen Kamin- oder Pelletofen. Die Energieversorgung wird oft mit Photovoltaik-Technik auf den Dächern unterstützt. Hinzu kommt die Möglichkeit, das Tiny House per Vetrag an das öffentliche Stromnetz anschließen zu lassen. Nicht zu verwechseln sind die clever konzipierten Häuschen mit klassischen Wohnwagen, sind diese doch letztlich nicht als Wohngebäude konzipiert. Ohnehin eignen sich Tiny Houses allenfalls für einen gelegentlichen Standortwechsel.

Die Bewegung, die sich für das Leben in den kleinen Häusern stark macht – das Tiny House Movement – hat ihren Ursprung in den USA. Die Gründe für das Aufkommen sind allerdings eher den wenigsten Menschen bekannt. „Die Bewegung ist einst aus purer Not entstanden”, weiß Johannes Laible zu berichten, der seit 2006 Branchenmagazine wie „Kleiner Wohnen”, „Klimafreundlich Bauen” oder auch „Denkmalsanierung” verlegt. „Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre Häuser oder Wohnungen verloren hatten und fortan etwa in Trailerparks leben mussten, waren aufs minimalistische Wohnen angewiesen ”, so der Experte. Dies sei verstärkt im Zuge der globalen Finanzkrise ab dem Jahr 2007 der Fall gewesen. Allerdings sieht Johannes Laible auch hierzulande Vorreiter der Tiny House-Welle, die sogar noch viel früher zu verorten sind: „Man denke nur an die Wagenburgen der 1970er- und 80er-Jahre – also Bauwagen, die damals zu Wohnzwecken umgebaut wurden, etwa im studentischen Milieu. Das war letztlich nichts anderes als das, was wir heute unter Tiny Houses verstehen.” Aktuell komme noch eine weitere Entwicklung hinzu, die den Trend begünstige: „Das große Wohnen wird uns mehr und mehr zum Ballast. Die Menschen erkennen, dass die generationsübergreifende Idee – den Kindern soll es einmal besser gehen – an ihre Grenzen stößt. Da findet oftmals eine bewusste Verkleinerung statt.” Und so lassen sich heute in Deutschland grob vier Nutzergruppen der Mikro-Häuser nennen: Neben den Menschen, die ihre Kosten für Wohnraum und Grundstücksfläche reduzieren möchten, sind es zudem Studierende oder Berufstätige, die temporär an einem anderen Standort Wohnraum benötigen. Hinzu kommen all jene, die ein Ferien- oder Wochenendhaus buchen möchten – was automatisch die vierte Gruppe ins Spiel bringt, nämlich Selbstständige und Gewerbetreibende, die ein Tiny House für touristische Zwecke vermieten.

Freiheit und Individualität spielen eine Rolle

Dank ihrer kompakten Bauweise und einer zeitlosen Optik besitzen Tiny Houses in der Hotel- und Erlebnisbranche jede Menge Einsatzmöglichkeiten. Die flexible Nutzung der Unterkünfte stellt für viele Touristen abseits des Großstadtrummels eine rustikale, und dennoch komfortable Alternative zur herkömmlichen Ferienwohnung dar – manch einer spricht hier vom sogenannten „Glamping-Trend”, also einer glamourösen Art des Campings. „Ferien im eigenen Land erfreuen sich hier schon seit längerer Zeit wachsender Beliebtheit”, so Johannes Laible, der auch eine Tendenz zu immer kürzeren Urlauben erkennt. „Das Hauptmotiv für Übernachtungen im Tiny House ist aber tatsächlich, dass es sich im Gegensatz zu Hotels und Ferienwohnungen um eine außergewöhnliche Unterkunft handelt.” Auch die Corona-Pandemie dürfte diesen Trend zuletzt vorangetrieben haben: Als Fernreisen nicht möglich oder unsicher waren, suchten deutsche Urlauber ihr Glück in der heimischen Natur, nicht, ohne eben dennoch etwas Neues auszuprobieren. „Dabei spielen auch Faktoren wie Freiheit und Individualität eine Rolle – ebenso der Outdoor-Gedanke und die damit verbundene Bewegung im Freien”, ist sich Laible sicher, der gleichzeitig einen Rückgang bei der klassischen Pauschalreise ausmacht: „Diese Art von Tourismus wird natürlich nicht verschwinden, sie hat zuletzt aber ein wenig an Reiz verloren.”

Wer beim Urlaub auf Individualität und einen eher sanften Tourismus setzt, stellt sich auch die Nachhaltigkeitsfrage. Viele Tiny Houses basieren auf einer umwelt- und ressourcenschonenden Bauweise, ihre Fassaden bestehen meist aus leichtem Holz, das ohne giftige Lacke oder Klebstoffe verarbeitet wird. Die Häuser sind langlebig konzipiert und 365 Tage im Jahr einsetzbar. „In der Regel kommen beim Bau naturnahe Rohstoffe zum Einsatz”, erklärt Johannes Laible. „Allerdings besteht ein Tiny House praktisch nur aus Außenwänden, was sich mit Blick aufs Heizen bei den Betriebskosten bemerkbar macht. Da ist der Bedarf durchaus größer, als bei einer vergleichbaren Wohnung in einem mehrgeschossigen Haus.”      

Auflagen und Voraussetzungen unterscheiden sich

Wer sich in Deutschland für das Bewohnen, Erwerben oder Bauen der angesagten Häuschen interessiert, erhält wertvolle Unterstützung vom Tiny House Verband mit Sitz in Karlsruhe. Dieser wurde im Oktober 2019 gegründet, versteht sich als Sprachrohr der Branche und fungiert als Anlaufstelle für Politik und Kommunen. Gleichzeitig vermittelt der Verband sämtliche Fakten zu Tiny Houses und informiert zur Stellplatz-Thematik sowie zu baurechtlichen und energierelevanten Belangen. So ist vom Verband zu erfahren: Die Auflagen und Voraussetzungen für das Aufstellen der Häuser unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, teils auch von Kommune zu Kommune. Dabei spielt auch die Frage, ob es sich um die Nutzung einer gewerblichen Fläche oder eines Campingplatzareals handelt, eine entscheidende Rolle. Johannes Laible, der mit seinem Magazin „Kleiner Wohnen” Mitglied im Tiny House Verband ist, differenziert: „Für das Vermieten einer Ferienwohnung braucht es eine entsprechende Genehmigung vor Ort, was in vielen Fällen problemlos verläuft. Herausfordernder ist das Aufstellen eines Objektes, in dem man dauerhaft wohnen möchte. Dann gilt das gängige deutsche Baurecht, was bedeutet, dass das Tiny House nicht anders behandelt wird, als ein freistehendes Einfamilienhaus.” Heißt, es gelten die Anforderungen der Gebäudeklasse 1, sodass es beispielsweise eine entsprechende (den Raum mindernde) Dämmung sowie erschlossene Grundstücke benötigt. Vor allem aber gilt der jeweilige örtliche Bebauungsplan der Kommunen. Dieser gibt exakt vor, wo sich bebaubare Flächen befinden, wie groß oder eben klein die anvisierten Gebäude mindestens sein dürfen oder welche Dachform zulässig ist. „Bei all diesen Hürden winken leider viele Kommunen bereits im Vorfeld ab”, weiß Johannes Laible. Gleichzeitig erkennt er aber auch Lichtblicke: „Es kommt Bewegung in diese Problematik, denn immer mehr Kommunen stellen fest, dass die Kleinsthäuser ein Hebel sein können, um den akuten Wohnungsdruck zumindest ein wenig zu lindern.”

Und tatsächlich: Die Zahl der geplanten und bereits realisierten Siedlungen für eine temporäre Zwischennutzung oder dauerhaftes Wohnen wächst hierzulande. Der Tiny House Verband berichtet von kommunalen Leuchtturmprojekten wie etwa im baden-württembergischen Burgrieden, wo derzeit 26 Parzellen für Modul-Häuser entstehen – allesamt gefertigt aus ökologischen und regionalen Materialien. Neben den 23 bis 44 Quadratmeter großen Bauten sind Gemeinschaftsanlagen für Coworking-Arbeitsplätze vorgesehen. Auch in der Westfalenmetropole Dortmund, wo neue Lösungen für bezahlbaren Wohnraum gefragt sind, entsteht ein platzsparendes Tiny Village. Die autofreie Siedlung im Stadtteil Sölde ist für alle Menschen konzipiert, die klein wohnen möchten. Im bayerischen Unterammergau hingegen wurde ein ab dem Jahr 2020 geplantes Pilotprojekt mittlerweile umgesetzt: Sechs Mikro-Häuser à 75 Kubikmeter und ein Gemeinschaftsraum werden dort nun bewohnt und genutzt. Bedarf und Potenzial sind also vorhanden, weshalb die Chancen nicht schlecht stehen, dass die kleinen Häuser künftig richtig groß rauskommen werden.

verlagsprojekte.de/kleiner-wohnen
tiny-house-verband.de

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