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Detailansicht: Frau hält sich mit beiden Händen den Bauch, der Unterleib wird von schwarzem, abstraktem Gekrikel umgeben

Endometriose: Den Leidensweg verkürzen

Die starken Schmerzen, die im Laufe einer Endometriose auftreten können, übersteigen meist den bekannten Regelschmerz. Foto: © chajamp - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Manche Patientinnen leben beschwerdefrei, andere wiederum berichten von starken Schmerzen, etwa beim Wasserlassen, Stuhlgang oder Geschlechtsverkehr: Endometriose ist eine der häufigsten Unterleibserkrankungen bei Frauen, meist tritt sie zwischen dem 25. und 35. Lebensjahr auf.

Den Leidensweg verkürzen

Die Erkrankung, bei der sich die Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedelt, wird heutzutage immer noch in vielen Fällen zu spät diagnostiziert – mit weitreichenden Folgen, wie die Leiterin des Endometriosezentrums an der Berliner Charité, Prof. Dr. med. Sylvia Mechsner, verdeutlicht.

Rund 4 bis 12 Prozent aller Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Endometriose; diese stellt sich meist als gutartig heraus, ist jedoch nicht selten mit chronischen Schmerzen verbunden. Im Verlauf tritt der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle auf, etwa im unteren Bauch- bzw. Beckenraum, auf der Gebärmutter oder den Eileitern. Das Tückische: Eine Endometriose bleibt viel zu oft viel zu lange unerkannt. Vom Auftreten erster Symptome bis zur erfolgreichen Diagnose vergehen im Schnitt sechs Jahre, es können aber auch schon mal ganze zehn sein. Jahre, die einen echten Leidensweg darstellen, wird die Erkrankung aufgrund der unspezifischen Symptome doch oftmals mit „Menstruationsbeschwerden“ falsch gedeutet – von den betroffenen Mädchen und Frauen, aber auch vom Gynäkologen. Prof. Dr. med. Sylvia Mechsner leitet das Endometriosezentrum an der Berliner Charité; sie vertieft die Problematik: „Der gesellschaftliche Faktor spielt da eine nicht unwichtige Rolle. Da ist die Mutter, die ihrer Tochter sagt, dass Regelschmerzen nun mal normal seien, dass sich das einspielen müsse. Unser Umfeld ist da heutzutage leider nicht besonders einfühlsam.“ Oft fehle es zudem schlichtweg an einer Vorstellung davon, wie immens die Beschwerden bei einer Endometriose sein können: „Wir gehen tatsächlich von sehr starken Schmerzen aus – das berichten bereits junge Mädchen. Fragen wir dann differenzierter nach, ist es immer ein wichtiger Hinweis, wenn zusätzlich von Übelkeit, Erbrechen und Durchfällen die Rede ist. Denn das sind keine Begleiterscheinungen bei »normalem« Regelschmerz“, so Mechsner.

Signale frühzeitig kommunizieren

Die Ursachen für die Entstehung einer Endometriose sind bis heute nicht in der Gänze bekannt, auch besteht keine Möglichkeit der Prophylaxe. Dennoch lassen sich bestimmte Risikofaktoren nennen, etwa ein frühes Einsetzen der Menstruation oder eine späte Menopause. Frauen, in deren Familie die Erkrankung bereits aufgetreten ist, zählen ebenfalls zur Risikogruppe. Ihren Ursprung nimmt die Endometriose in der Gebärmutter; die Entwicklung verläuft dort über mehrere Jahre. Wird dann per Ultraschall eine Veränderung der Gebärmutterwände sichtbar, und treten vielleicht Zysten oder Verklebungen auf, ist längst ein Progress eingetreten. Auch im Zuge einer ausbleibenden Schwangerschaft kann eine Diagnose erfolgen, denn „bis zu 40 Prozent der Frauen mit einer Infertilität leiden an einer Endometriose“, so Sylvia Mechsner. Die Expertin rät, Signale wie schwerste Regelschmerzen sowie Schmerzen beim Wasserlassen, beim Stuhlgang und vor allem auch beim Geschlechtsverkehr frühzeitig dem Gynäkologen zu kommunizieren.

Hier kommt allerdings ein weiteres Problem ins Spiel: Schaut man sich die Anzahl der entsprechenden Patientinnen an, entsteht ein beachtliches Zerrbild. Laut Krankenkassen sind hierzulande lediglich zwei bis drei Prozent betroffen. Sylvia Mechsner aber weiß, dass in den Krankenhäusern jährlich bis zu 40.000 Neuerkrankungen gezählt werden. Wie kommt es zu diesem Widerspruch? „Frauen, die mich im Endometriosezentrum aufsuchen, haben oft schon viele Jahre des Leidens hinter sich. Im Bereich der Niederlassungen existiert leider das Problem, dass es keine entsprechende Abrechnungsziffer gibt. Kurzum: Für eine umfangreiche Schmerz-Anamnese fehlt es an einer ordentlichen Vergütung.“ Schnell laute das Urteil dann „Regelschmerzen“ – und diese müsse man nun mal hinnehmen.

Am Berliner Endometriosezentrum hingegen dauert eine erste Befragung bis zu 60 Minuten; der Spezialistin ist es wichtig, dass die Patientinnen ihre Beschwerden richtig einschätzen können. „Lässt man Frauen mit ihren Schmerzen jahrelang allein, entstehen Ängste und Sorgen. Besser ist es, die Betroffenen zu schulen, damit sie zum einen verstehen, was da im Körper passiert, und sie zum anderen bestimmte Dinge selbst in die Hand nehmen können.“

Gebündeltes Wissen und intensive Zusammenarbeit

Die Ziele einer jeden Therapie sind es, die Lebensqualität der an einer Endometriose erkrankten Patientin zu verbessern, Funktionsstörungen betroffener Organe zu beseitigen und eine etwaige Unfruchtbarkeit erfolgreich zu behandeln. Im Falle einer Operation werden möglichst sämtliche Endometrioseherde mittels Ausschneiden entfernt oder sicher mit Hitze zerstört (Elektrokauterisation). Zusätzlich kann eine medikamentöse Therapie dazu beitragen, Schmerzen zu lindern und bestenfalls ein Wiederauftreten der Erkrankung zu vermeiden. Mehr als 1.000 Patientinnen werden pro Jahr am Endometriosezentrum der Berliner Charité betreut; rund 150 Operationen finden statt. Sylvia Mechsner hebt die intensive Zusammenarbeit des Zentrums mit weiteren Fachbereichen der Charité hervor: „Im Falle komplexer Endometriosen kooperieren wir beispielsweise erfolgreich mit der Urologie und der Chirurgie – auch verfügen wir über einen sehr guten Radiologen. Die Klinik für Psychosomatik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, denn Menschen, die mitunter zehn Jahre Schmerzen und Ängste haben, benötigen oftmals eine entsprechende Begleitung.“ Gebündeltes Wissen also, das dazu eingesetzt wird, damit möglichst viele Frauen vor einem langen Leidensweg bewahrt werden.

frauenklinik.charite.de

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Ausgabe: 04/2020

Titelthema – Frauen- und Männergesundheit