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Fotomontage: Erstaunte junge Frau wird von vielen kleinen Alter Egos attackiert

Wenn das Immunsystem durcheinandergerät

© deagreez - stock.adobe.com (Fotomontage: PVS einblick)
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Allergien zählen mittlerweile zu den Volkskrankheiten. Bei den Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber ursprünglich nicht schädigenden Substanzen reagiert unser Immunsystem bei Kontakt mit entsprechenden Allergenen wie auf einen Krankheitserreger – es kommt zum Abwehrversuch. Anders verhält es sich bei Autoimmunerkrankungen: In diesem Fall produziert das Immunsystem Antikörper gegen körpereigene Strukturen. Und auch hier ist ein Anstieg in der westlichen Welt zu verzeichnen.

Allergien vs. Autoimmunerkrankungen

Fast klingt es wie eine misslungene Aktion auf dem Fußballfeld, beschäftigt man sich nähergehend mit den Ursachen für Allergien und Autoimmunkrankheiten. Denn wie die Verteidiger am Strafraum kann auch das Abwehrsystem unseres Körpers durcheinandergeraten. Und dann hat der Angreifer leichtes Spiel! Ist das Immunsystem nicht mehr ausreichend vor Fremdstoffen geschützt, kann der Körper bei einer Allergie überreagieren; im Falle einer Autoimmunerkrankung richten sich die eigenen Immunzellen gar gegen körpereigene Zellen und Strukturen. Eine Art Eigentor, möchte man bei der gewählten Bildsprache bleiben.

Die Wege zur Gewissheit, ob es sich um eine allergische Reaktion handelt, sind oftmals lang, zählen Experten heute doch bis zu 20.000 bekannte Auslöser. Handelt es sich um eine Nahrungsmittelallergie, kommt eine Unverträglichkeit von Lebensmitteln wie Nüsse, Milch, Getreide oder Schalentiere infrage. Noch unmittelbarer gestaltet sich, wie der Name bereits vermuten lässt, eine Kontaktallergie: Der Hautkontakt zu Stoffen wie etwa Nickel, Kosmetika, Latex oder bestimmten Parfüms und Düften sorgt dann für Reaktionen wie Jucken, Reizungen, Bläschen oder Ekzeme. Kritischer wird es bei einer Arzneimittel-Allergie, wenn Medikamente oder Begleitstoffe in Injektionen zu den Auslösern zählen. Auch bei Insektenstichen durch Bienen, Wespen oder Mücken kann das Immunsystem auf bestimmte Bestandteile des Gifts überempfindlich reagieren. Und dann ist da noch die lange Liste der Inhalationsallergene: Pollen, Sporen, Tierhaare, Hausstaub und Co. gelangen über die Atemwege in den Körper und zählen zu den häufigsten Auslösern einer Allergie – der Heuschnupfen lässt dann nicht lange auf sich warten.

Welche Maßnahmen sind hilfreich?

Für die Behandlung und Betreuung von Menschen mit allergischen Erkrankungen nennt der Allergieinformationsdienst des Helmholtz Zentrums München drei Säulen. So gelte es primär, auslösende Allergene und andere Einflussfaktoren möglichst zu vermeiden oder zu reduzieren: „Allergene in der Luft lassen sich allerdings nur selten hundertprozentig beseitigen oder vermeiden. Durch gezielte Maßnahmen kann man die Menge der Inhalationsallergene in Innenräumen jedoch deutlich reduzieren, etwa bei einer Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben.“ Im Falle einer Nahrungsmittelallergie verweist der Informationsdienst auf die von der EU vorgeschriebene Allergenkennzeichnung von Lebensmitteln. Lassen sich Allergenkontakte nicht im notwendigen Maße einschränken, kann eine medikamentöse Behandlung (Pharmakotherapie) hilfreich sein. Solch eine Therapie setzt weniger bei den Krankheitsursachen an – im Idealfall führt sie aber zu einer Beseitigung oder Linderung der Symptome. „Prinzipiell gibt es mehrere Gruppen von Arzneimitteln, die bei allergischen Erkrankungen wirksam sind. Sie greifen an verschiedenen Stellen in den Ablauf einer allergischen Reaktion ein und unterscheiden sich damit in ihrer Wirkungsweise, aber auch bezüglich der Dauer bis zum Wirkungseintritt ebenso wie in der Dauer der Wirksamkeit“, so der Allergieinformationsdienst. An dritter Stelle steht die spezifische Immuntherapie (SIT). Hierbei handelt es sich um einen ursächlichen Therapieansatz, der ganz spezifisch auf bestimmte Allergene abzielt. Die Experten wissen: „Anders als bei der Therapie mit Medikamenten, die Beschwerden rasch, aber kurzfristig lindert, bessern sich die Symptome durch die SIT in der Regel erst nach längerer Therapiedauer. Die Wirkung hält jedoch in der Regel über die Behandlungszeit hinaus an.“ Für die Ursache des  Anstiegs allergischer Erkrankungen bestehen mehrere Auffassungen: So dürfte neben der verbesserten Diagnostik auch eine vermehrt genetische Empfindlichkeit eine Rolle spielen. Auch psychosoziale Einflüsse sowie die zunehmende Umweltverschmutzung gelten als denkbare Hypothesen.

„Kampf“ zwischen Immunsystem und Körper

Eine Autoimmunerkrankung hingegen ist differenzierter zu sehen. Bei den meist chronischen Verläufen kommt es zu einer „Verwechslung“ des Immunsystems von körpereigenen Bestandteilen mit fremden Antigenen. Kurzum: Es werden Antikörper produziert, die gegen körpereigene Strukturen gerichtet sind. Beispiele für Krankheiten sind Typ-1-Diabetes mellitus, Morbus Basedow, Multiple Sklerose oder chronisch-entzündliche Gefäß- und Gelenkerkrankungen wie rheumatoide Arthritis. Eine Vielzahl der Autoimmunerkrankungen (bis zu 60 unterschiedliche sind heute bekannt) wird durch Autoantikörper im Blut nachgewiesen. Weshalb es jedoch zu diesem „Kampf“ zwischen Immunsystem und Körper kommt, ist bislang trotz intensiver Forschung nicht umfassend geklärt. Experten ziehen ein Zusammenspiel gleich mehrerer Faktoren in Betracht – neben einer genetischen Veranlagung, Impfungen oder Giftstoffen könnten das auch Infektionen mit Bakterien oder Viren sein. Somit steht meist die Behandlung der jeweiligen Symptome im Vordergrund. Im Falle schwerer Verläufe werden Immunsuppressiva verschrieben.           

Ähnlich wie bei den Allergien steigt auch hier die Zahl der Betroffenen an: Zwischen fünf und acht Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden an einer Autoimmunerkrankung (höhere Erkrankungshäufigkeit bei Frauen). Für eine umfangreiche Diagnose müssen Ärzte verschiedener Fachrichtungen konsultiert werden; eine unbehandelte Autoimmunerkrankung kann zu schweren Entzündungsreaktionen und somit zur Zerstörung des betroffenen Organs führen. Eine frühzeitige Therapie ist daher umso wichtiger.

Häufige Allergene

  • Pollen (Gräser, Bäume, Kräuter): saisonal bedingter allergischer Schnupfen (Heuschnupfen), Bindehautentzündung
  • Schimmelpilze: Dauerschnupfen, Niesreiz, Beschwerden der Atemwege
  • Nahrungsmittel: Magen-Darm-Beschwerden, Juckreiz im Mund und Rachenraum, Nesselausschlag, asthmatische Beschwerden
  • Haare, Hautschuppen und Speichel: Niesreiz, laufende Nase, tränende Augen, in manchen Fällen Kontaktekzem
  • Insektengift: Lokalreaktion mit Nesselausschlag, starke Schwellung, Schockreaktion möglich
  • Hausstaub: Dauerschnupfen, Niesreiz, tränende Augen, asthmatische Beschwerden

Häufige Autoimmunerkrankungen

  • Multiple Sklerose: chronisch-entzündliche neurologische Autoimmunerkrankung mit sehr unterschiedlichen Verlaufsformen
  • Zöliakie: Unverträglichkeit des Dünndarms gegenüber Gluten
  • Typ-1 Diabetes: Stoffwechselerkrankung, bei der die Bauchspeicheldrüse zu wenig oder kein Insulin mehr produziert
  • Rheumatoide Arthritis: langwierig andauernde rheumatische Erkrankung; häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke
  • Alopecia areata: Entzündliche Haarausfall-Erkrankung, auch bekannt als „Kreisrunder Haarausfall“. Es kommt zu örtlichbegrenzten, kahlen Stellen im Kopf- oder Körperhaar
  • Hashimoto-Thyreoiditis: Der Körper beginnt, Antikörper gegen Eiweiße der Schilddrüse zu bilden – das führt zu einer chronischen Entzündung
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Ausgabe: 01/2021

Titelthema – Autoimmunerkrankungen