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Stehendes, weißes Paragraphenzeichen vor grauer Betonwand

Stärkung der externen Wahlarztkette

Oberlandesgericht Düsseldorf widerlegt Landgericht Stade

Foto: © sdecoret - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Tobias Kraft
Von TOBIAS KRAFT (Rechtsanwalt, Rechtsabteilung PVS holding)
10 Min.Lesezeit

Unter welchen Voraussetzungen ist ein außerhalb des Krankenhauses agierender Arzt ein Glied der sogenannten externen Wahlarztkette? Wann darf er also seine ärztlichen Leistungen gegenüber den von ihm in seiner Praxis mitbehandelten Wahlarztpatienten aus einer Klinik privat liquidieren? Steht seine Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus seiner Einbeziehung in die externe Wahlarztkette entgegen?

Der Fall des OLG Düsseldorf

Mit diesen Fragen setzte sich das OLG Düsseldorf in dem unter dem Aktenzeichen I-8 U 140/17 geführten Verfahren auseinander, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: In einem Krankenhaus wurde die zum Prozesszeitpunkt bereits verstorbene Patientin onkologisch versorgt. Die Feststellungen des Gerichts ergaben, dass eine wirksame Wahlarztvereinbarung vorlag. Diese enthielt das hier gekürzt wiedergegebene obligatorische Zitat des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG: „Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der […] Behandlung […] berechtigt sind [Alternative 1 = interne Wahlarztkette], einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses [Alternative 2 = externe Wahlarztkette].“

Wir werden sehen, dass es auf die trennscharfe Unterscheidung zwischen den oben durch den Verfasser in den Klammern kenntlich gemachten Alternativen ankommt. In dem beschriebenen Fall veranlasste der Wahlarzt die Behandlung seiner Patientin in einer radiologischen Praxis. Unstreitig war diese Praxis weder in rechtlicher, organisatorischer noch wirtschaftlicher Hinsicht Teil des Krankenhauses. Es gab zwar eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Krankenhaus und der Praxis, jedoch blieb unbestritten, dass es keinen sich auf Wahlleistungen erstreckenden Kooperationsvertrag gab, sodass der Wahlarzt die Behandlung in der Praxis im Bedarfsfall individuell veranlassen konnte.

Beurteilung eines ähnlichen Falles durch das LG Stade

Stellte das LG Stade sich in einem ähnlichen Fall in seinem viel kritisierten Urteil vom 20.05.2015 (Az.: 4 S 45/14) noch auf den Standpunkt, dass jedwede Kooperation zwischen Krankenhaus und externem Arzt dazu führe, dass allgemeine Krankenhausleistungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG vorlägen und der Arzt kein Glied der externen Wahlarztkette sein könne, so hat das OLG Düsseldorf dieser pauschalierten Betrachtungsweise erfreulicherweise eine Absage erteilt.

Das LG Stade sah aufgrund eines nicht näher geprüften Kooperationsvertrages des Krankenhauses mit einer außerhalb der Klinik stehenden Radiologie in der Beauftragung der externen Praxis lediglich eine Formalie, denn die Praxis werde nur noch „auf dem Papier“ beauftragt. Ließe man den externen Arzt privatärztlich liquidieren, erweiterte man den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte um den externen Arzt. Das niedersächsische Gericht meinte, in den Ausführungen des BGH im sogenannten Honorararztfall (BGH, 16.10.2014, Az.: III ZR 85/14) eine Stütze für seine Argumentation finden zu können.

Argumentation des OLG Düsseldorf mit BGH-Rechtsprechung

Dass die Ansicht des LG Stade unzutreffend ist und obendrein eine Fehlinterpretation des BGH darstellt, hat das OLG Düsseldorf in seinem Urteil überzeugend dargelegt, indem es zum Honorararztfall des BGH abgrenzt. Zwar betone der BGH, dass der Gesetzgeber den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte kontinuierlich eingeengt habe, jedoch betreffe dies eine ganz andere Konstellation. In dem BGH-Fall sei es um die Frage gegangen, ob nicht im Krankenhaus angestellte Ärzte wahlärztliche Leistungen im Krankenhaus erbringen dürften, wohingegen die radiologische Behandlung im zugrunde liegenden Fall außerhalb des Krankenhauses erfolgt sei.

Dem ist zuzustimmen, denn im BGH-Fall schloss der Arzt eigene Behandlungsverträge mit seinen Patienten, wobei seine Beauftragung ohne Veranlassung des Wahlarztes geschah. Damit gerierte der Arzt sich in unzulässiger Weise als liquidationsberechtigter Krankenhausarzt. Dieser Status erfordert die (Teil-)Anstellung in der Klinik und die Benennung als Wahlarzt, denn so sieht es Alternative 1 vor.

In den Fällen des LG Stade und des OLG Düsseldorf ging es dagegen um die Veranlassung von Leistungen externer Ärzte durch Wahlärzte und damit um Alternative 2. Der BGH äußerte sich in seinem Honorararzturteil abseits der dortigen Problematik dahingehend, dass „der Beklagte seine ärztlichen Leistungen auch nicht als externer Wahlarzt ‚auf Veranlassung‘ eines […] Krankenhausarztes mit eigener Liquidationsberechtigung ausgeführt“ habe. Mit dieser Randnotiz in seinem Urteil zeigt der BGH, dass diese Konstellation von seinem Verdikt zum Honorararzt gerade nicht erfasst wird.

Externe Wahlarztkette als „Vertrauenskette“

Für die externe Wahlarztkette ist es unabdingbar, dass die Veranlassung durch einen Wahlarzt des Krankenhauses erfolgt. Zutreffend führt das OLG Düsseldorf aus, dass dies auch dem Gedanken des Vertrauens gerecht werde, der dem Abschluss einer Wahlarztvereinbarung zugrunde liege. Der Wahlarztpatient begibt sich im Vertrauen auf die Fähigkeiten des Wahlarztes in dessen Hände. Indem der Gesetzgeber unter den Voraussetzungen von Alternative 2 externe Ärzte in die Wahlarztkette einbeziehe, gebe er zu erkennen, dass dem Vertrauen auf die Kompetenz des Wahlarztes auch dann Rechnung getragen werde, wenn dieser externe Ärzte beauftrage, die sein Vertrauen genössen. Hierfür verwendet das Gericht den anschaulichen Ausdruck der externen Wahlarztkette als „Vertrauenskette“.

Zusammenarbeit/Kooperation ist grundsätzlich kein Hinderungsgrund

Eine Zusammenarbeit bzw. eine Kooperation mit externen Ärzten vermag an diesem Ergebnis in der Regel nichts zu ändern. Wenn jedoch ein Kooperationsvertrag den Wahlarzt zur Beauftragung eines bestimmten externen Arztes verpflichtet, könnte dies womöglich die externe Wahlarztkette sprengen, da es dann fraglich wäre, ob der Wahlarzt die externe Arztleistung individuell und frei veranlasst. Solche weitgehenden Regelungen sind in den beiden Fällen aber nicht gerichtlich festgestellt worden, sodass die Gerichte eigentlich zu dem gleichen Ergebnis hätten kommen müssen, nämlich zu der vom OLG Düsseldorf überzeugend dargelegten Annahme einer wirksamen externen Wahlarztkette.

Fazit

Zwischen interner Wahlarztkette (Alt. 1) und externer Wahlarztkette (Alt. 2) ist genau zu differenzieren. Sofern ein Wahlarzt ärztliche Leistungen einer Praxis außerhalb des Krankenhauses veranlasst, wird der externe Arzt in der Regel ein Glied der externen Wahlarztkette. In dieser Funktion darf er selbst unter Beachtung der Minderungspflicht aus § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ gegenüber dem von ihm behandelten Patienten privatärztlich liquidieren. Dem steht nach der von uns geteilten Ansicht des OLG Düsseldorf eine Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und externem Arzt nicht grundsätzlich entgegen. Allerdings könnte ein Kooperationsmodell, das dem Wahlarzt die freie Entscheidung nimmt, wen er beauftragt, das letzte Glied der Wahlarztkette kappen.

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