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Minimalistische Linien-Illustration: Gruppe von Menschen steht einer einzelnen Person im Schneidersitz gegenüber

Allein unter vielen

Illustration: © ngupakarti (links oben); © Yury Shchipakin (rechts unten) - stock.adobe.com
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Mikro-Appartments, Verstädterung und eine zunehmende Anonymität – die klassische Familie scheint mehr und mehr „aus der Mode“ zu geraten. Rasant wächst hingegen die Anzahl der Single-Haushalte in Deutschland, was ganz unterschiedliche Gründe und auch Auswirkungen hat. Aber sind allein lebende Menschen auch automatisch einsam?

Mutter, Vater und drei Kinder, alle zusammen unter einem Dach: Diese Lebensform hat sich in den letzten Jahren zusehends zu einer Art Auslaufmodell entwickelt. Keine fünf Prozent aller Haushalte setzen sich hierzulande noch so zusammen. Vielmehr sind es aktuell 17,3 Millionen Menschen, die in Deutschland alleine leben – jede fünfte Person führt demnach einen Einpersonenhaushalt. Das Statistische Bundesamt, das diese Zahlen kürzlich veröffentlichte, lässt verlauten: „Der langfristige Trend zu kleinen Haushalten hält an. Von 1991 bis 2018 ging die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,27 Personen auf 1,99 Personen zurück.“ Und diese Entwicklung macht sich längst bemerkbar: Im Supermarkt etwa, wo Salate, Sushi, Wraps und Sandwiches in kleinen Portionen „ready to eat“ als sogenanntes „Convenience-Food“ im Kühlregal warten. Oder auf dem Wohnungsmarkt, denn Mikro-Appartments mit maximal zwei Zimmern erfreuen sich längst einer großen Nachfrage. Auch hier ein Wert, der diesen Trend stützt: Jeder Deutsche wohnt laut Statistik auf durchschnittlich 46,3 Quadratmetern.

Neben all diesen kühlen Zahlen gibt es jedoch auch viele individuelle Gründe für den Single-Haushalt. Da wäre vor allem der demografische Wandel – die Menschen in Deutschland werden älter, nicht zuletzt wegen des medizinischen Fortschritts. Mittlerweile gehören viele Rentner zudem einer Generation an, die vom Partner getrennt lebt und alleine alt wird. Da zudem die Lebenserwartung von Frauen statistisch betrachtet rund zehn Jahre höher als die von Männern liegt, beansprucht die Gruppe älterer Menschen einen großen Teil der Einzelwohnungen für sich. Doch auch bei jungen Menschen geht der Trend zum Leben in Eigenregie. Da spielt nicht nur die rückläufige Zahl der Eheschließungen eine Rolle, sondern auch die Anziehungskraft der großen Metropolen: Jobs, Berufsschulen und Universitäten locken nach Berlin, Hamburg oder Köln und begünstigen so Veränderungen von Familienstrukturen und die allgemeine Verstädterung.

Stabilität, Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung

Fast klingt es paradox: Dank Social Media und der daraus resultierenden Vernetzung war es nie einfacher, sich zusammenzutun und Kontakte zu knüpfen. Und doch scheint aktuell eine Generation von „Einzelgängern“ heranzuwachsen. Hierzu liefert das international tätige Meinungsforschungsinstitut YouGov spannende Erkenntnisse, hat es sich doch kürzlich erkundigt, wie wichtig den Deutschen Freundschaften seien. Von den 2046 befragten Menschen gaben 89 % an, mindestens einen engen Freund oder eine enge Freundin zu besitzen. 40 % können sich auf ein bis zwei enge Freundschaften verlassen, 33 % gar auf drei bis vier. Doch da sind eben auch noch die 11 % der Befragten, die niemanden haben, den sie in die Kategorie einer engen freundschaftlichen Verbundenheit einordnen würden. Ob es nun Probleme sind, Beziehungen aufzubauen, es sich um einen schüchternen Charakter handelt oder schlichtweg der Bedarf an Freundschaften fehlt – Psychotherapeuten sehen diese Entwicklung durchaus mit Sorge, stehen Freundschaften doch für Stabilität, Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung. Viel mehr noch: Wer auf dieses wichtige Netzwerk nicht zurückgreifen kann oder möchte, geht das Risiko einer sozialen Isolation ein. Und diese droht besonders in den Großstädten, wo zwar viele Menschen leben, gleichzeitig aber auch eine große Anonymität herrscht. Menschen, die darüber hinaus bereits an einer psychischen Erkrankung leiden, sind dann umso anfälliger für Einsamkeit. Andersherum kann Einsamkeit aber auch psychische Erkrankungen befördern. Ein riskanter Teufelskreis.

Doch wer weiß, vielleicht erobern wir uns in naher Zukunft auch wieder ein gutes Stück Langsamkeit zurück? Auch hier sind deutliche Trends erkennbar, etwa im urbanen Gartenbau, in der zunehmenden Rückkehr von Städtern in ländliche Gefilde oder anhand von Natur-, Wald- und Outdoor-Magazinen, die im Zeitschriftenregal immer mehr Platz einnehmen. Die sozialen Unterstützungsstrukturen in dörflichen Gebieten schlagen jene in den Metropolen zudem um Längen; auch fördert ein 5.000-Seelen-Örtchen beim ein oder anderen ein Zugehörigkeits- und Heimatgefühl. Letztlich spielt das Bedürfnis nach sozialer Aktivität eines jeden Einzelnen die entscheidende Rolle. Besonders Menschen, die aus freien Stücken und gerne eher alleine leben, müssen und sollten nicht zu ihrem „Gemeinschaftsglück“ gezwungen werden. Ein Zitat der österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach (1830 -1916) besagt aber auch: „Überlege wohl, bevor du dich der Einsamkeit ergibst, ob du auch für dich selbst ein heilsamer Umgang bist.“

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