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Nick Martin

„Herausforderungen auf Reisen stärken den Charakter“

Foto: © Ronny Barthel
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
7 Min.Lesezeit

Nick Martin kündigte 2010 seinen Vertriebsjob und startete eine Weltreise per One-Way-Ticket nach Mexiko. Voller Zweifel, Ängste, Neugierde, Naivität und keiner Idee, was ihm bevorstand, startete er dieses Vorhaben. Seitdem ist die Welt sein Zuhause. Im Buch „Die dunkle Seite – Was nicht so geil war in 10 Jahren Weltreisen” kommt der gebürtige Würzburger zu dem Schluss, dass Fehltritte und Grenzerfahrungen zum Reisealltag dazugehören. Und davon gab es einige: Nick Martin erlebte eine nächtliche Schießerei, wurde ausgeraubt und war auf selbstgebastelten Krücken unterwegs.

Gibt es nach den vielen Jahren Deines Daseins als Weltreisender überhaupt noch Erfahrungen, die Dich aus der Ruhe bringen können?

Nick Martin: Natürlich kommt es bis heute immer wieder zu Begebenheiten, die schiefgehen – das lässt sich im Vorfeld nicht planen. Da braucht es eine gute Portion Selbstbewusstsein. Ich kann mich allerdings an kein Erlebnis erinnern, das sich vor Ort nicht irgendwie lösen ließ. Diese Erkenntnis sorgt durchaus für Entspannung, sodass mich neue Herausforderungen nicht so leicht aus der Bahn werfen.  

Fehltritte und Scheitern, so sagst Du, gehören zum Reisen dazu. Was war Deine Motivation, darüber ein Buch zu schreiben?

Heutzutage ist es so, dass das Reisen oftmals mit aufgehübschten Fotos via Social Media auf eine Art „Altar“ gehoben wird. Instagram-Posts mit attraktiven Pärchen, die über den Dächern eines türkischen Dorfs Tee trinken, blenden jedoch völlig aus, dass diese Menschen zuvor vielleicht zwölf Stunden in einem klapprigen Bus neben einer Ziege hocken mussten, um ihr Ziel zu erreichen. Jeder Reisende weiß, dass solche Geschichten passieren – aber niemand redet darüber. Das waren auch die Beweggründe für das Buch: Eben die dunkle Seite des Reisens zu beleuchten.    

Ein Kapitel des Buchs trägt den Titel „In China essen sie Hunde“ – was bedeuten solche Grenzerfahrungen fürs eigene Leben?

Man muss sich vor Augen führen, dass dieser Vorgang in der chinesischen Kultur völlig normal ist. Beim Reisen geht es immer auch darum, den eigenen Blick auf die Welt zu weiten. Die Tatsache, dass man dabei mit gewissen Dingen konfrontiert wird, die nicht den eigenen Traditionen entsprechen, für andere jedoch völlig normal sind, beeinflusst immer auch das eigene Weltbild. Für uns sind Hunde natürlich keine kulinarische Spezialität – auf der anderen Seite aber essen wir Rind, also ein Tier, das beispielsweise in Indien heilig ist. Solche Zusammenhänge sollte man stets reflektieren.

Du hast auf Deinen Reisen Muskelfaserrisse, Lebensmittelvergiftungen und eine Säureverbrennung zweiten Grades erlitten: Wie lässt sich in solchen Situationen der Optimismus aufrechterhalten, wenn man „die Abenteuer vor der Nase hat, aber physisch zu nichts in der Lage ist“?

Wenn du dich in solchen Situation befindest, fühlt sich natürlich nichts gut an. Der Tag ist im Eimer, du hast Schmerzen, du möchtest am liebsten umgehend nach Hause in dein Bett. Das ist jedoch nicht möglich, denn du kannst dich schließlich nicht von Kenia aus umgehend in die Heimat beamen. Du musst da durch. Und so unangenehm die schmerzhaften Erfahrungen dann sind: Es führt dich aus deiner physischen Komfortzone heraus. Ich denke da an das Sprichwort „Reisen ist die beste Uni des Lebens“ – dank herausfordernder Erfahrungen lässt sich der eigene Charakter stärken. Nach meinem Muskelfaserriss, den ich mir in Brasilien beim Sprung ins Meer zugezogen hatte, musste ich mir aus den Holzstielen eines Spatens sowie Plastikrohren behelfsmäßig Krücken basteln. Daraus lernst du, dass das Leben kein Zuckerschlecken ist und immer neue Aufgaben für dich bereithält. Rückblickend wächst man an solchen Erlebnissen: Sie bringen dich zurück auf den Boden der Tatsachen und sorgen dafür, dass du zu Hause in stressigen Alltagssituationen gelassener agierst.

Im Buch sprichst Du von sogenannten „Museumsmomenten“ – schöne Momente und Orte, an die Du Dich Dein Leben lang erinnern wirst. Welche „Gefahr“ besteht, besucht man diese Orte ein zweites Mal?

Im Jahr 2010 befand ich mich für rund zwei Monate auf den Fidschis, wo ich eine tolle Clique aus Backpackern kennenlernte und in einem kleinen Hostel arbeitete. Wir hatten eine unfassbar tolle Zeit, waren low-budget unterwegs, machten aber das Beste draus. Das Vorhaben, die damaligen Momente heute exakt noch einmal zu durchleben, kann jedoch nur in einer Enttäuschung enden. Das erwähnte Hostel existiert mittlerweile nicht mehr, und auch die Personenkonstellation von einst ließe sich nicht erneut zusammenbringen. Es funktioniert nicht, solch schöne Erlebnisse zu kopieren, weshalb ich diese Orte für mich als „No-Go Area“ bezeichne – Orte, die ich für immer in meinem Herzen behalten möchte, von denen ich aber nicht weiß, ob sie überhaupt noch so existieren, wie ich sie in Erinnerung habe.

Einer dieser Orte befindet sich im mexikanischen Tulum: Dort fandest Du im Zuge eines zweiten Besuchs plötzlich – Zitat – „Instagram-City“ vor …

Ebenfalls 2010 war ich dort mit meinem großen 70-Liter-Rucksack unterwegs. In der Nähe der Maya-Ruinen von Tulum schlug ich für zwei Wochen mein Zelt auf, ernährte mich von Nudelsuppe und kletterte zum Pflücken von Kokosnüssen auf die Palmen. Es war einfach wunderschön! Heute befinden sich dort reihenweise Hotels mit hippen Rooftop-Terrassen, in denen eine Übernachtung an der Beachfront 600 Dollar kostet. Das hat absolut nichts mehr mit dem Tulum zu tun, das ich vor 13 Jahren kennengelernt habe. Heute fallen dort Massentouristen ein, um vor einem schönen Gebäude Fotos zu schießen und diese mit dem Hashtag „#bestlifeever“ auf Instagram zu teilen.    

Kann der Tourismus an solchen Orten also auch Fluch sein?

Es gibt Menschen, die sind mit Drohnen, 4K-Kameras und dem neuesten iPhone unterwegs, um nicht für sich zu reisen, sondern um ihren Urlaub darzustellen. Ich liebe es, zu reisen. Da kann man durchaus von einer Sucht sprechen. Aber ich habe andere Beweggründe. Natürlich ist der Tourismus immer ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite bringt er Geld in die entsprechenden Länder, sodass die Locals davon ihr Leben gestalten können. Auf der anderen Seite besteht jedoch die Gefahr, dass die Schraube überdreht wird. Es gibt Länder, da befindet sich der Tourismus als Einnahmequelle gerade in seinem Anfangsstadium. Nur wenige Jahre später jedoch bilden sich dort beispielsweise Lobbys, die in bestimmten Gebieten Uber-Fahrer verbieten, da dieses Quartier den Taxifahrern gehört, die dann wiederum aufgrund der Konkurrenz zu wenig Umsatz machen. Leider ist dies der normale Lauf der Dinge für viele wunderschöne Orte, die touristisch erschlossen wurden.

2019 bist Du nach Sri Lanka gereist; kurz zuvor kam es dort zu verheerenden Anschlägen. Meldungen wie diese sieht man leider regelmäßig im TV – wie aber erlebt man die Auswirkungen solcher Ereignisse vor Ort?

Durch die regelmäßigen Fernsehbilder und Schreckensmeldungen zu Kriegen und Naturkatastrophen stumpfen wir leider mit der Zeit ab. Wenn man jedoch unmittelbar vor Ort ist und erlebt, dass ein Taxifahrer in Tränen ausbricht, da er durch die erwähnten Anschläge geliebte Menschen verloren hat, oder wenn die Mitarbeiter im Hostel nicht wissen, wie sie aufgrund unzähliger Stornierungen ihre Familie künftig ernähren sollen, entsteht ein emotionaler Bezugspunkt zu diesen Menschen. In der Hauptstadt Colombo herrschte damals nach den Anschlägen am Ostersonntag eine Ausgangssperre, sodass in dieser Metropole kein einziger Mensch auf der Straße zu sehen war. Diese Atmosphäre der Angst hautnah zu erleben, ist etwas völlig anderes, als entsprechende Berichte zu Hause auf der gemütlichen Couch und bei vollem Kühlschrank zu erleben.    

Im Rahmen von Shows und Vorträgen möchtest Du Menschen dazu ermutigen, Reisevorhaben in die Tat umzusetzen. Auf welche Vorbehalte triffst Du da mitunter?

Es ist immer die Frage, ob es sich um gute Gründe oder doch eher selbstgemachte Ausreden handelt, wenn sich jemand nicht aus seiner Komfortzone wagt. Meines Erachtens hängt das Reisen mit der Persönlichkeitsentwicklung klar zusammen. Wir werden schon in der Schule darauf trainiert, dass es schlecht ist, Fehler zu machen. Je mehr Fehler in einem Diktat, desto schlechter die Note und letztlich auch das Zeugnis. Von klein auf assoziieren wir das Fehlermachen mit etwas Negativem. Sieht man es jedoch als ein Sammeln von Erfahrungen an, ist das die beste Wissensquelle, die es im Leben gibt. Ja, es gibt einige „Gründe“, um sich nicht auf eine längere Reise zu begeben. Viele Menschen denken beispielsweise, dass es eine Millionen auf dem Konto braucht, um eine Weltreise zu absolvieren. Es ist jedoch durchaus möglich, sich auch mit dünnem Budget auf den Weg zu machen: Es gibt Hostels, Couchsurfing und Volunteer-Stellen, um Arbeitszeit gegen Kost und Logis einzutauschen. Auch bei den Sorgen um den sicheren Job daheim lohnt der Schritt heraus aus der bereits erwähnten Komfortzone: Risiken eingehen statt Zukunftsängste zulassen!

Apropos Zukunft: Welche Ziele hast Du noch? Gibt es Orte, die Du für Dich neu entdecken möchtest? 

Da gibt es durchaus noch ein paar unbereiste Ziele auf meiner Bucket List, ich denke da etwa an eine Antarktis-Expedition. Auch die Transsibirische Eisenbahn habe ich noch nicht erlebt, was sich in der aktuellen Kriegssituation natürlich auch schwierig gestaltet. Gerne würde ich zudem eines Tages im kanadischen Yukon-Territorium wandern. Es geht mir dabei aber weniger um die jeweiligen Länder, als um einzelne Abenteuer, die auf meiner To-do-Liste stehen.

travel-echo.com

 

„Die geilste Lücke im Lebenslauf”

Mit seiner Abenteuershow „Die geilste Lücke im Lebenslauf” stand Nick Martin (*1986) als Inspirational Speaker bereits auf den großen Bühnen Europas und konnte damit über 50.000 Menschen bewegen. Als Redner, Spiegel-Bestseller-Autor, Unternehmer und Gründer der Travel Uni regt er regelmäßig sowohl zum Nachdenken als auch zum Totlachen an und verteilt dabei einen motivierenden Tritt in den Hintern all jener, die selbst einmal auf große Reise gehen und ihre Träume verwirklichen wollen. 2018 wurde Nick Martin vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Kultur- und Kreativpilot ausgezeichnet.

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