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Profilbild der lächelnden Roth-Zwillinge nebeneinander

Prostatakrebs: Mutmach-Story im Doppelpack

Michael und Uli Roth, Jahrgang 1962, gehören zu den bekanntesten Handballern Deutschlands. Die ehemaligen Nationalspieler spielten bei Kult-Vereinen wie dem TV Großwallstadt und dem MTSV Schwabing. 1984 gewannen sie mit der Nationalmannschaft die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. Michael Roth ist heute als Handballtrainer tätig, und Uli Roth ist Geschäftsführer von Live Act Music und der Sportvermarktungs-Agentur nummer zehn. Beide engagieren sich für die FFF-Kampagne zur Krebsvorsorge und treten bundesweit als Key Note Speaker auf. Foto: © ZS Verlag
Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
10 Min.Lesezeit

Die Zwillingsbrüder Uli und Michael Roth zählen zu den bekanntesten Handballern Deutschlands – mediales Aufsehen erregten sie aber auch, als sie vor elf Jahren nahezu gleichzeitig an Prostatakrebs erkrankten. Mit ihrer Biographie gingen sie damals andie Öffentlichkeit, um wachzurütteln und aufzuklären. Heute gelten die beiden Brüder als geheilt: Ein guter Zeitpunkt, um mit einem zweiten Buch die gemeinsame Geschichte fortzuschreiben. „Hurra, dass wir noch leben!“ soll möglichst viele Männer zur Vorsorgeuntersuchung bewegen, hält aktuelles Expertenwissen bereit und darf als MutmachBuch verstanden werden, wie Michael Roth im Interview unterstreicht.

Herr Roth, viele Männer begründen ihr Zögern vorm Arztbesuch mit dem Satz: „Sonst findet der noch was!“. Wie ist diese paradoxe Denkweise zu erklären?

Michael Roth: Es gibt ja diese etwas flapsige Bemerkung, dass Männer sich nach ihrer Zeit der Kinderarztbesuche von regelmäßigen Untersuchungen verabschieden. Da sind Frauen auch schon im jungen Alter in der glücklichen Lage, dass sie durch die Besuche beim Frauenarzt, die sich irgendwann einstellen, immer wieder an ihre Gesundheit erinnert werden. Männer suchen eher in akuten Fällen eine Praxis auf, bei Sportverletzungen zum Beispiel. Doch bei allem „GorillaVerhalten“: Geht es darum, sich im Zuge von Untersuchungen einen Finger in den Po einführen zu lassen oder wird der Hoden abgetastet … werden viele Männer plötzlich zu Feiglingen. Da werden die unteren Körperregionen tabuisiert.

Anders als Brustkrebs bei Frauen ist das Prostatakarzinom kein Gesprächsstoff für die Öffentlichkeit. Wie war das vor der Diagnose bei Ihnen?

Als aktiver Sportler ist es so, dass ohnehin regelmäßige Gesundheitschecks anstehen – auch später als Trainer habe ich diese immer absolviert. Da werden automatisch das Herz-Kreislauf-System und die Blutwerte untersucht. Lungenund Lebertests stehen an. Der Sportler ist jederzeit up to date, schließlich stellt sein Körper sein Kapital dar. Man lernt, besser damit umzugehen. Aber auch außerhalb des Sports sehen es glücklicherweise viele Männer gegenüber ihrer Ehefrau und ihren Kindern als Pflicht an, mit dem eigenen Körper verantwortungsvoll umzugehen. Ich finde es sehr bedenklich, tut man dies nicht.

Bereits in frühen Jahren kam es vor, dass Ihr Bruder und Sie nahezu zeitgleich die typischen Kinderkrankheiten hatten. Wie sehr hat das zusammengeschweißt?

Das bleibt bei Geschwistern ja meist nicht aus, zumal Zwillinge noch stärker vereint sind. Auch teilten wir uns damals ein gemeinsames Kinderzimmer, da ist es kaum verwunderlich, dass sich der eine ansteckt, wenn der andere etwa Masern hatte. Manchmal sind uns aber auch am selben Tag Milchzähne ausgefallen – das war dann schon ein wenig „spooky“. Beim Prostatakrebs spielte natürlich auch das Erbgut eine Rolle, denn unser Vater war zuvor bereits daran erkrankt.

Nach der aktiven Karriere haben Sie dann Ihre Trainerlaufbahn begonnen. Eines Tages verspürten Sie Schmerzen beim Wasserlassen; ein Urologe stellte eine Irritation der Prostata fest …

Erstmals vergegenwärtigt man sich in solch einem Moment dieses Organ – beim Abtasten der geschwollenen Prostata verspürte ich auch Schmerzen. Es handelte sich um eine bakterielle Entzündung, die kann zum Beispiel durch Stress auftreten. Durch Einnahme von Antibiotikum ging diese auch wieder zurück, doch aufgrund der familiären Vorgeschichte lautete der Rat des Arztes, von nun an öfter zur Vorsorge zu gehen.

Im April 2009 ließen Sie auf Anraten einen PSA-Test machen. Mit dessen Hilfe kann die Höhe des Prostata-spezifischen Antigens im Blut bestimmt werden. Der Wert war zu hoch.

Ursprünglich hatte ich meinen Urologen wegen einer Magen-Darm-Spiegelung aufgesucht. Der Gedanke war: „Wenn ich ohnehin schon in der Praxis bin, kann ich auch noch den PSA-Wert ermitteln lassen.“ Beim anschließenden Gespräch mit dem Arzt schaute dieser mich mit Sorge an – er wollte sich das aufgrund der hohen Werte lieber mal genauer anschauen. Ab solch einem Zeitpunkt hörst du nichts mehr! Du bekommst es durchaus mit der Angst zu tun. Irgendwie hat man auch eine Vorahnung, dass da etwas ist, das da nicht hingehört. Und so war es dann ja auch.

Viele Männer assoziieren Krankheit mit Schwäche – und Prostatakrebs mit Inkontinenz und Impotenz. Handball wiederum ist ein sehr harter Sport. Wie gingen Sie mit dieser Tatsache um?

Noch am Tag der endgültigen Diagnose war für mich klar, dass ich sofort aus dem Tagesgeschäft aussteige. Da trat auch ein gewisser Egoismus ein: „Ich kann jetzt nicht irgendwelche Handballer motivieren, sondern muss schauen, dass ich meine ganze Kraft in den Kampf gegen die Krankheit investiere.“ Das war mein erstes Gefühl: Der Krebs muss raus! Ich war zu der Zeit Trainer des Handballbundesligisten TV Großwallstadt und erhielt von den Verantwortlichen viel Verständnis. Doch wir mussten uns etwas einfallen lassen und gingen vorerst mit der Meldung „Infektion der Harnröhre“ an die Öffentlichkeit.

Die Ärzte drängten dann darauf, dass Ihr Bruder sich ebenfalls untersuchen lassen sollte. Und tatsächlich: Am Tag Ihrer OP erhielt er seine Diagnose. Plötzlich benötigte der Mitkämpfer selber Rat und Unterstützung …

Er hatte den Vorteil, die von mir zuvor eingeholten Informationen über die Krankheit mitnutzen zu können. Gleichzeitig wollte er aber aus seinem Beruf als Musikmanager nicht so unvermittelt aussteigen wie ich aus dem Handballbetrieb. Das ganze noch ein wenig in Länge ziehen. Der renommierte Professor Hartmut Huland, in dessen Obhut wir uns beide begeben hatten – riet allerdings dazu, die beruflichen Ambitionen zurückzustellen und zu schauen, dass das Ding sofort rauskommt. Wir wollten ja auch unsere Familie nicht psychisch belasten. Mein Bruder Uli entschied sich dann für eine zeitnahe Operation.

Im Buch beschäftigen Sie sich beide – mit Blick auf den Lebenswandel – auch mit der Frage nach einer „persönlichen Schuld“: Ein Versuch, sich die Ungerechtigkeit der Krankheit zu erklären?

Klar, das war zuvor immer auch ein Leben auf der Überholspur, mit Stress im Beruf, im Sport. Wir haben uns viel zugemutet und abseits des Handballfelds nicht immer asketisch gelebt. Das ist eine Erkenntnis, die später zwar eintritt. Rückblickend gestaltet es sich aber auch müßig, darüber nachzudenken, wo der Krebs nun „herkam“. Generell spielen Faktoren wie Ernährung, Alltagsbelastung oder auch Genussmittel eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Krebsvorsorge.

Mit TV-Auftritten und einem ersten Buch sind Sie damals gemeinsam an die Öffentlichkeit gegangen. Mit welchem Ziel?

Wir wollten offen über Prostatakrebs sprechen und viele Männer – und auch deren Partnerinnen – damit erreichen. Ohnehin gab es immer diesen Plan, ein Buch über unsere Zwillingsgeschichte zu schreiben. Mein Bruder und ich sind die Sache zwar relativ naiv angegangen, saßen dann aber plötzlich in der Talkshow von Markus Lanz. Nach der Ausstrahlung haben wir beide viele positive Rückmeldungen bekommen. Darüber zu sprechen tat uns gut; gleichzeitig konnten wir anderen Betroffenen helfen. Ein doppelter Effekt!

Sie gelten beide mittlerweile als geheilt und haben mit Ihrem zweiten Buch nun eine „Mutmach-Story“ vorgelegt. Wie gestaltet sich Ihre Mission darüber hinaus?

Mein Bruder Uli und ich begleiten schon seit Jahren die Kampagne „Für alle. Für jeden. Für uns. Die Urologie“ (FFF) mit der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) sowie der Deutschen Krebshilfe e.V. und sind darüber hinaus Mitglieder im Patientenbeirat beim Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Dort dürfen wir unsere Erfahrungen mit einbringen – eine hohe Auszeichnung! Natürlich treffen wir aufgrund unseres Engagements auch auf Betroffene, bei denen die Geschichte nicht so gut verläuft, wie bei uns. Doch gerade diesen Menschen möchten wir Mut machen. Der Politiker Wolfgang Bosbach hat im Buch folgenden Satz geprägt: „Hätte ich die Roths früher kennengelernt, wäre ich vielleicht früher zur Vorsorge gegangen.“ Da merken wir: Die Arbeit, die wir leisten, kommt auch an …

… und es lohnt, nach vorne zu schauen. Was auch für Ihre Trainerkarriere gilt.

In der Tat! Manchmal ist es ja so, dass sich eine Türe schließt und eine neue öffnet. Ich übernehme nun den Posten als Nationaltrainer von Bahrain, was neben der neuen Kultur auch sportlich sehr interessant ist, denn das Land konnte sich bereits für die anstehende Handballweltmeisterschaft und die Olympiade qualifizieren. Da steht jetzt also ein spannendes Abenteuer an

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