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Männer in den Wechseljahren? Was ein schleichender Hormonabfall bedeutet

Männer in den Wechseljahren? Was ein schleichender Hormonabfall bedeutet

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Portratitfoto des Artikel-Autors Robert Targan
Von ROBERT TARGAN (Freier Texter, Autor & Redakteur)
5 Min.Lesezeit

Symptome wie Energieverlust, Stimmungsschwankungen oder sexuelle Unlust sind bei Männern in den meisten Fällen dem Altersprozess geschuldet: Schreiten die Jahre voran, sinkt der Testosteronspiegel leicht ab. Bluttests können im Zweifel Aufschluss darüber geben, ob es sich dabei tatsächlich um eine natürliche Anpassung handelt, oder doch einen krankhaften Mangel. Testosteronanwendungen ohne vorherige Ursachenabklärung sehen Experten kritisch.   

Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen: Die Symptome, die bei Frauen in den Wechseljahren vermehrt auftreten können, sind bekannt. Beschreibungen der Zusammenhänge zwischen dem weiblichen Geschlechtsorgan und diesen vielfältigen Merkmalen finden sich bereits in der Zeit der Romantik wieder. Doch auch bei Männern nimmt die Hormonproduktion etwa ab dem 40. Lebensjahr stetig ab – allerdings fehlt es dabei an einem charakteristischen Ereignis, wie es das Ausbleiben der Regelblutung bei der Menopause darstellt. Vielmehr handelt es sich bei der sogenannten Andropause um einen schleichenden Prozess: Die Veränderungen des männlichen Hormonhaushalts verlaufen langsamer und werden aufgrund dieser Tatsache bei ersten Untersuchungen mitunter nicht erkannt. Im Rahmen der 8. Deutschen Hormonwoche (Herbst 2023) hat die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) auf diesen Umstand aufmerksam gemacht: „Werden Männer älter, sinkt ihr Testosteronspiegel leicht ab, ohne dass es zu einem Mangel kommt. Vielmehr stellt dies eine natürliche Anpassung dar.” Typische Symptome des Testosteronmangels seien unter anderem Müdigkeit, Rückbildung der Muskulatur, Erektionsstörungen, Verlust der Schambehaarung sowie eine generelle Antriebslosigkeit. Zudem könne ein erniedrigter Testosteronwert laut der DGE „zu einem Libidoverlust, Osteoporose, Blutarmut sowie Feminisierung des Mannes führen. Er entwickelt dann weibliche Züge, etwa ein vergrößertes Brustgewebe.”

Gebildet wird Testosteron in den männlichen Keimdrüsen, den Hoden. Während der Pubertät spielt das Sexualhormon eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Geschlechtsorgane sowie die Ausbildung des männlichen Erscheinungsbildes: Als Neurohormon sorgt es für Antrieb, Stressbewältigung und eine seelische Ausgeglichenheit. Die Gründe für einen entsprechenden Hormonmangel und das allmähliche Eintreten der Andropause sind laut Professor Dr. med. Stephan Petersenn, Pressesprecher der DGE und Inhaber der ENDOC-Praxis in Hamburg, vielfältig: „Normal ist eine langsame Abnahme des Spiegels mit zunehmendem Alter, etwa 1 bis 2 Prozent pro Jahr ab dem 40. Lebensjahr. Ein darüber hinaus gehender Abfall kann jedoch zu erheblichen Beschwerden führen.“ So würden hier Krankheiten wie Entzündungen des Hodens, ein Funktionsverlust des Hypophysenvorderlappens sowie erhöhte Prolaktinwerte eine Rolle spielen. „Ein erniedrigter Testosteronwert kann aber auch bei anderen internistischen Erkrankungen wie einem Schlaf-Apnoe-Syndrom, bei einem Diabetes mellitus oder bei einer Nierenschwäche beobachtet werden.“

„Testosteron zeigt eine erhebliche Variabilität“

So unterschiedlich die Gründe für das Sinken des Testosteronspiegels sind, so wechselhaft zeigen sich auch die Messungen im Laufe eines Tages. Liegen die unteren Grenzwerte des mit Abstand wichtigsten Geschlechtshormons des Mannes bei einer Blutentnahme zwischen 8 und 10 Uhr morgens zwischen 7 und 12 nmo/l (Nanomol pro Liter), fällt der Testosteronwert in den Mittagsstunden um etwa 20 Prozent ab. „Komplizierend zeigt Testosteron eine erhebliche Variabilität von Tag zu Tag“, sagt Stephan Petersenn, weshalb Einzelmessungen kritisch zu bewerten seien. Der Endokrinologe erklärt, dass auch nach körperlich schwerer Arbeit der Testosteronspiegel niedriger als gewöhnlich sein könne. Auch Stress, Adipositas, eine Narkose, Alkohol, Drogen oder Medikamente wie Glukokortikoide würden sich negativ auf den Testosteronspiegel auswirken. „Dies zeigt aber auch, dass Lebensstiländerungen und die Behandlung anderer Grunderkrankungen gegebenenfalls wichtiger sein können als der undifferenzierte Testosteronersatz“, so der Mediziner weiter. „Ohne weitere Ursachenabklärung ist die Testosteronanwendung in jedem Fall verfehlt.“ Es bestehe dann vielmehr die Gefahr, dem Mangel zugrundeliegende Erkrankungen, etwa der Hirnanhangsdrüse, zu spät zu erkennen.

Erst nach einer ärztlichen Diagnose, die neben der Blutuntersuchung ein umfassendes Gespräch mit dem Patienten zu aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen und die Lebensführung beinhaltet, kann die individuelle Therapie starten: Heute kommen dabei etwa Gele, die auf die Haut aufgetragen werden, oder auch Injektionen in die Muskulatur zum Einsatz. Neben dem Ausgleich des Testosteronmangels durch natürliche Hormone können auch Vitamine, Mineralien oder Antioxidantien die Therapie unterstützen. Gerade der Fokus auf Begleiterkrankungen sei laut Stephan Petersenn unerlässlich: „Vor Beginn einer Testosteron-Substitution ist eine urologische Untersuchung mit Ultraschall der Prostata sowie die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) sinnvoll.“ Da beim Hormonersatz zudem auch der sogenannte Hämatokrit in die Höhe klettert – dieser beschreibt die Zelldichte im Blut – steigt auch die Gefahr für Blutklumpen. Hier findet der Pressesprecher der DGE mahnende Worte: „Diese Risiken bestehen insbesondere, wenn Männer Testosteron zur Leistungssteigerung und als Anti-Aging-Maßnahme benutzen.” Ganz klar: Als Lifestyle-Anwendung oder gar eine Art Jungbrunnen dürfe die Hormon-Ersatztherapie nicht verstanden werden.   

Mythen und Klischees rund ums Testosteron

Nicht wenige Mythen ranken sich ums Testosteron: Assoziationen des Hormons mit Dominanz, Ehrgeiz, sexueller Lust oder Draufgängertum sind bis heute keine Seltenheit. Auch das Klischee, ein erhöhter Spiegel könne zu einem aggressiverem Verhalten bei Männern führen, hält sich wacker. Viele Studien und Experten belegen jedoch, dass solcherlei Gedankenspiele zu kurz greifen. Gleiches gilt für die häufig vermutete Verbindung von erhöhten Testosteronwerten und einem vermehrten Haarausfall. Generell lässt sich sagen, dass eine direkte Korrelation zwischen dem Auftreten eines Mannes – sei es in Politik, Wirtschaft, Sport oder auch im privaten Bereich – und dessen Testosteron-Level somit eher fraglich erscheint.

Anders jedoch verhält es sich im Falle eines Mangels: Neben den bereits genannten Symptomen können im Zuge der Andropause auch Schlafstörungen, Gelenkbeschwerden und eine Gewichtszunahme auftreten. Wer diesen Prozessen entgegenwirken möchte, regt mit regelmäßiger körperlicher Betätigung seinen Stoffwechsel und den Kreislauf an und beugt Übergewicht vor. Eine ausgewogene Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst, magerem Fleisch und Fisch sowie fettarmen Milchprodukten darf ebenfalls nicht fehlen. Ausreichend Wasser und das Vermeiden von Alkohol und Nikotin sind weitere Bausteine für eine Anhebung des Testosteronspiegels.

 


Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft und Interessensvertretung all derer, die im Bereich von Hormonen und Stoffwechsel forschen, lehren oder ärztlich tätig sind. Die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie erfolgte im Jahr 1953 in Hamburg auf Anregung von Arthur Jores. Mit inzwischen etwa 1.660 Mitgliedern ist die DGE eine der größten endokrinologischen Fachgesellschaften Europas. Sie sieht ihre Hauptaufgabe in der Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Endokrinologie – im Bereich der Grundlagenforschung ebenso wie im Bereich der klinischen Forschung.

endokrinologie.net

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Ausgabe: 01/2024

Titelthema – Tanz der Hormone