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Stehendes, weißes Paragraphenzeichen vor grauer Betonwand

Auch Privatkliniken sind im ambulanten Bereich an die GOÄ gebunden

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Portratitfoto des Artikel-Autors Tobias Kraft
Von TOBIAS KRAFT (Rechtsanwalt, Rechtsabteilung PVS holding)
5 Min.Lesezeit

In der letzten Ausgabe der PVS einblick hatten wir darüber berichtet, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 04. April 2024 (Az.: III ZR 38/23) die Anwendung der GOÄ bei der Berechnung ambulanter ärztlicher Leistungen nicht nur durch Ärzte selbst, sondern auch durch eine Klinik oder durch ein als Kapitalgesellschaft betriebenes Medizinisches Versorgungszentrum, als zwingend erachtet. Ebenjener Senat des BGH, der erst kürzlich das vorgestellte Urteil verkündet hatte, erließ am 13. Juni 2024 (Az.: III ZR 279/23) ein weiteres Urteil in einem ähnlich gelagerten Fall. Die wesentliche Abwandlung bestand darin, dass der dritte Zivilsenat über die Frage der Rechtmäßigkeit von Pauschalhonoraren einer gemäß § 30 Gewerbeordnung konzessionierten Privatklinik befinden musste.

Bekräftigung und Erweiterung der jüngsten Rechtsprechung

Die BGH-Richter konstatierten, dass für ambulante berufliche ärztliche Leistungen auch in einer Privatklinik grundsätzlich kein Pauschalpreis berechnet werden dürfe, die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mithin auch in diesem Fall zwingendes Preisrecht sei. Des Weiteren urteilte der Senat, dass das Absaugen von krankhaftem Fettgewebe (Liposuktion) eine medizinisch indizierte Behandlung einer Krankheit sei. Klägerin war eine Patientin, die unter einer schmerzhaften Fettverteilungsstörung an Armen und Beinen (Lipödem) litt. In mehreren Terminen wurde ihr ambulant überschüssiges Gewebe entfernt. Dafür verlangte die Privatklinik pauschal 15.900 Euro. Der Betrag beinhaltete noch weitere Leistungen, wie z. B. medizinisch nicht notwendige Übernachtungen in einem anderen Krankenhaus. Zwar bezahlte die Patientin die Rechnung zunächst, forderte das Geld dann aber anschließend zurück. Damit hatte sie in der letzten Instanz vor dem BGH weitgehend Erfolg.

GOÄ-Bindung unabhängig vom Vertragspartner

In dem höchstrichterlichen Urteil heißt es, dass der Anwendungsbereich der GOÄ nicht voraussetze, dass der Vertragspartner des Patienten ein Arzt sei. Es genüge die Geltendmachung der Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes. Die GOÄ finde daher auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer Juristischen Person, zum Beispiel dem Krankenhausträger, geschlossen werde, und Ärzte ambulante Leistungen im Rahmen eines Anstellungsvertrages oder Beamtenverhältnisses als eigene Dienstaufgaben erbrächten, selbst aber keine Vertragsbeziehung zu den Patienten hätten. Demnach spielt es für den Senat keine Rolle, wer der Vertragspartner des Patienten ist, solange es sich um ambulante berufliche ärztliche Leistungen handelt. Auch gilt die GOÄ-Bindung grundsätzlich unabhängig davon, ob ein MVZ, ein DRG-Krankenhaus oder eine Privatklinik Forderungsinhaber sind.

Begründung der GOÄ-Bindung

Der Senat begründet die GOÄ-Bindung auf mehreren Ebenen. Zum einen liefere der Wortlaut von § 1 Abs. 1 GOÄ, der auf die „beruflichen Leistungen der Ärzte“ abstelle, keine Anhaltspunkte dafür, dass es darauf ankomme, wer der Inhaber der durch die ärztlichen Leistungen begründeten Forderung sei. Zum anderen spreche der Sinn der GOÄ für deren zwingende Anwendung, denn der Verordnungsgeber verfolge damit das Ziel, ein für alle Ärzte geltendes verbindliches Preisrecht zu etablieren. Des Weiteren bemüht der BGH auch noch systematische Argumente, indem er z. B. Parallelen zur Vergütung von Rechtsanwälten zieht. Wenn eine Juristische Person die Leistungen dieser Berufsgruppe abrechne, seien die dafür geschaffenen Vergütungsvorschriften grundsätzlich ebenfalls zu beachten und es gebe keinen sachlichen Grund, weshalb dies bei der GOÄ anders zu bewerten sei.   

Kosmetischer Eingriff?

Der BGH machte deutlich, dass es sich nicht bloß um eine Schönheitsoperation gehandelt habe. Bei einem Liposuktionseingriff sei die GOÄ-Ziffer 2454 direkt anwendbar – und zwar unabhängig davon, ob ein Lipom vorliege, also eine lokal abgrenzbare Fettgeschwulst bzw. ein gutartiger Fettgewebstumor oder – wie in dem Fall – ein Lipödem, also eine i.d.R. symmetrische Fehlverteilung von Fett an Armen, Beinen, Hüften oder dem Gesäß. Die GOÄ-Bindung besteht aber grundsätzlich auch bei Schönheitsoperationen, also medizinisch nicht indizierten Behandlungen. Das hatte der BGH schon in seinem Urteil vom 23. März 2006 (Az.: III ZR 223/05) klargestellt.

Fazit

Der BGH erstreckt die GOÄ-Bindung in seinem aktuellen Urteil auch auf den Fall, dass eine Privatklinik mit einem Patienten einen Behandlungsvertrag über ambulante ärztliche Leistungen schließt. Wird im ambulanten Bereich ein Pauschalhonorar vereinbart, führt dies demzufolge auch in einer Privatklinik dazu, dass die entsprechende Vereinbarung unwirksam ist. Der Patient ist in diesem Fall nicht zur Zahlung verpflichtet. Wenn er Zahlungen geleistet hat, kann er diese wieder zurückfordern. Bei einer GOÄ-Bindung des Krankenhausträgers bietet sich zumindest die Möglichkeit, das Honorar durch den Abschluss einer Honorarvereinbarung über die Erhöhung von Steigerungssätzen mit dem Patienten gemäß § 2 GOÄ anzuheben.

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